Sie haben erst im März 100 von 600 Ruefa-Mitarbeiter zur Kündigung angemeldet. Haben Sie jetzt zu wenig Berater?
Aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der Pandemie war dieser Schritt leider notwendig. Wir haben die Zahl der Standorte von mehr als hundert auf 75 reduziert. Die Krise hat aber auch zu einem Digitalisierungsschub in den Reisebüros geführt. Wenn sich heute ein Kunde in Wien für eine Reise zum Kilimandscharo interessiert, kann er sich zum Beispiel per Video von einem Mitarbeiter in Salzburg beraten lassen, der schon drei Mal dort war. Das ist auch für die Mitarbeiter eine neue Chance sich zu profilieren. Gerade jetzt, wo es viele Unsicherheiten gibt, ist vielen Urlaubern eine gute Beratung wichtig.
Mit Eurotours schnüren Sie unter anderem auch die Angebote für Hofer Reisen. Haben Sie heuer wegen der Pandemie besonders auf Österreich gesetzt?
Die Kontingente für die Sommersaison werden ja oft mit einem Jahr Vorlaufzeit eingekauft. Wir waren relativ optimistisch, haben breit eingekauft, diesen Sommer drei Millionen Room Nights (Anmerkung: Gästezimmer pro Tag) in Österreich unter Vertrag. Jetzt, kurzfristig, noch freie Bettenkontingente zu bekommen, wird schwierig.
Österreicher werden diesen Sommer sicher verstärkt Österreich buchen. Aber ausländische Gäste?
Wir vermarkten Österreich in rund 60 Ländern, da gab es natürlich lange eine Zurückhaltung. Seit zwei Wochen steigt die Nachfrage, vor allem aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Großbritannien und Polen.
Zu Ihrer Gruppe gehören auch 22 Austria Trend Hotels, also Stadthotels. Wie schaut es da aus?
Wir rechnen in der Stadthotellerie nicht damit, dass wir vor 2024 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Das liegt daran, dass die Städte vor allem von internationalen Gästen leben, die zumindest dieses Jahr noch fehlen. Derzeit sind de facto alle 1.100 Mitarbeiter unserer Hotels in Kurzarbeit.
Viele haben nach Monaten der Kurzarbeit die Branche gewechselt. Wie soll dem Fachkräftemangel gegengewirkt werden?
Das wird sicher eine zentrale Herausforderung, die auch Thema beim heutigen Tourismusgipfel sein wird. Wir können nach der Krise nicht weiter machen wie bisher, müssen professioneller werden. Raus aus dem Einheitsbrei, hin zu individuellen Angeboten.
Klingt abstrakt ...
Durch die Digitalisierung kann man im Vorfeld viel über die Gäste erfahren. Wenn ich weiß, dass jemand klettert, kann ich ihn bei seiner Ankunft mit den Top-Klettersteigen in der Gegend überraschen. Oder Fans klassischer Musik mit passenden Konzerten. Es braucht hier ganz neue Lehrberufe mit neuen Anforderungen. Auch im Regionsmanagement. Wir können nicht mehr pauschal mit Bergen und Seen werben, wir müssen viel spitzer werden. Auch die Konkurrenz wird professioneller. Wir müssen es auch werden.
Klingt nach nötigen Investitionen, aber geht nicht vielen gerade das Geld aus?
Viele waren schon vor der Krise unterkapitalisiert. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, dass wir steuerliche Anreizsysteme für Investoren in Hotels schaffen.
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