Tourismus: Wie die Branche mehr Mitarbeiter finden will
Eines vorweg: In der Wintersaison ist die Personalmangel im Tourismus nicht so ausgeprägt wie im Sommer. Schließlich hat es die Branche einfacher, Beschäftigte aus dem Ausland anzuwerben. Etwa aus Kroatien, das im Sommer boomt aber im Winter eher ein touristisches Niemandsland ist.
Aktuell sind beim AMS 21.000 offene Stellen in der heimischen Gastronomie und Hotellerie gemeldet. Zum Vergleich: Zu Beginn der Sommersaison waren es um die 30.000. Wobei das nur ein Teil der Wahrheit ist.
In der Branche gilt die Faustregel, dass man die AMS-Meldungen mal zwei rechnen muss, um auf die wirkliche Zahl der zu besetztenden Stellen zu kommen. Schließlich meldet nicht jeder Unternehmer seine offenen Stellen an das Amt.
Besonders schwer bei der Mitarbeitersuche haben es traditionell Hotels und Gastro-Betriebe, die eine kurze Saison haben und damit weit von Ganzjahresjobs entfernt sind. Es herrscht längst ein Wettbewerb der Orte und Betriebe. Immer mehr Regionen und Betriebe gehen bereits gemeinsam auf Mitarbeitersuche. Im Inland wie im Ausland, wie etwa die Nordseeinsel Sylt zeigt. Dort wird auf einer Online-Plattform branchenübergreifend um Mitarbeiter geworben - vom Kellner bis zum Tischler.
Fest steht jedenfalls, dass der Tourismus immer mehr Mitarbeiter benötigt. Eine Folge des Strukturwandels. Die Zahl der Gästebetten steigt. Seit Ausbruch der Pandemie 2019 um landesweit 3.000 Betten. Die Betriebe werden größer und professioneller. Das Wachstum spielt sich vor allem in der Vier- und Fünfsternhotellerie ab, die besonders personalintensiv ist. Auf der anderen Seite fallen kleine Pensionen weg, die oft von der Eigentümerfamilie in Eigenregie geführt wurden - also ohne externes Personal.
Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) will nun mit der Branche Strategien für den erhöhten Arbeitskräftebedarf in der Branche erarbeiten. Dieser sei eine der größten Herausforderungen. "Der Tourismus durchläuft eine Transformationsphase, die sich auch am Arbeitsmarkt widerspiegelt", sagte Kraus-Winkler.
Auf Hochtouren laufen zurzeit auch die Verhandlungen mit Arbeitsminister Martin Kocher. Geht es nach den Vorstellungen der Unternehmer, sollten pensionierte Ex-Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiterinnen bald steuerbegünstigt stundenweise weiterarbeiten können. "Es gibt viele Mitarbeiter, die in Pension gehen, aber gern noch ein, zwei Tage die Woche weiterarbeiten würden. Das zahlt sich für sie aber nicht aus, weil sie sofort voll besteuert werden und zwei Mal Sozialversicherung, rund 35 Prozent vom Zusatzeinkommen, zahlen müssen", erläuterte Hoteliersprecher Walter Veit kürzlich im KURIER-Interview. "Kommt nach dem ersten Quartal auch noch die Einkommenssteuervorschreibung, sind sie für den Arbeitsmarkt verloren. Hier braucht es Anreize, dass diese topfitten 65-Jährigen noch arbeiten gehen." Die Branche hofft, dass diese bis zum Start der nächsten Sommersaison Realität werden.
Ähnlich auch die Probleme beim rekrutieren von Studenten. "Vor der Pandemie haben rund 60.000 zumindest stundenweise in der Nachtgastronomie gearbeitet", sagt Staatssekretärin Kraus-Winkler. Mit dem Lockdown seien viele zu Logistik-Unternehmen gewechselt und nicht mehr in die Branche zurückgekehrt.
Tourismusförderung neu
Strukturelle Verbesserungen am touristischen Arbeitsmarkt könnten nur dann gelingen, wenn alle Tourismus-Stakeholder an einem Strang ziehen, so die Staatssekretärin. Demnach sollen bessere Arbeitsbedingungen, gezielte Berufsinformationsangebote für Arbeitssuchende und eine moderne Ausbildung die Branche für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder attraktiver machen. Die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung werde ab 2023 Verbesserungen bei der Errichtung von Mitarbeiterquartieren sowie von Räumlichkeiten zur Kinderbetreuung bringen.
Laut einer Studie des IHS (Institut für höhere Studien) seien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die der Branchen während der Coronapandemie den Rücken gekehrt haben, durchaus zurück gekommen. Das Beschäftigungsniveau von 2019 sei bereits wieder erreicht. Das sei vor allem der Kurzarbeit zu verdanken. Handlungsbedarf sieht das IHS allerdings bei den deutlich gesunken Lehrlingszahlen.
Die Wirtschaftskammer-Branchenvertreter Mario Pulker (Gastronomie) und Johann Spreitzhofer (Hotellerie) forderten von der Politik eine Modernisierung des Aushilfskräftemodells und der steuerlichen Sachbezugsregeln, etwa bei Mitarbeiterwohnungen. Außerdem solle der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen vorangetrieben werden.
Die Gewerkschaftsvertreter Berend Tusch und Andreas Gollner (beide vida) kritisierten das Fehlen eines Kriterienkatalogs für gute Arbeitgeber und forderten eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Freizeit. Weiteren Handlungsbedarf sahen die Gewerkschafter etwa bei der Realisierung eines Sozial-, Aus- und Weiterbildungsfonds und in der Qualität der Lehrlingsausbildung.
Das AMS will Betriebe zielgerecht bei der Personalsuche unterstützten. Dem Präsidenten der Österreichischen Hoteliervereinigung, Walter Veit, zufolge werde ein Wechsel in die Branche vor allem durch Investitionen in Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interessant, etwa durch die Modernisierung der Unterkünfte und attraktive Freizeit- und Weiterbildungsangebote.
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