Diese Woche hat Ministerin Elisabeth Köstinger den „Comeback-Plan“ für den Tourismus präsentiert. Nicht nur die internationalen Gäste bleiben nach wie vor aus, auch viele Mitarbeiter sind nach der Krise nicht mehr in die Branche zurückgekehrt. Dass sich das so leicht umkehren lässt, bezweifelt der Salzburger Hotelier Holleis.
KURIER: Branchenvertreter schätzen, dass dem Tourismus in der Pandemie jeder dritte Mitarbeiter abhanden gekommen ist. Ist das realistisch?
Wilfried Holleis: Natürlich, wir haben hier aber kein Branchenproblem, sondern ein gesellschaftliches Thema.
Wie meinen Sie das?
Der linksliberale Mainstream tut so, als sei man nur dann ein Mensch, wenn man Akademiker ist. Eigentlich eine unglaubliche Geringschätzung des Arbeiters. Neue Studien und das Bakkalaureat wurden eingeführt und damit eine völlig unproduktive Klasse produziert. Schon 50 Prozent eines Jahrgangs studieren. Natürlich wird damit das Handwerk und die Dienstleistungsbranche ausgedünnt. Auf der einen Seite Unmengen an Arbeitslosen, auf der anderen Fachkräftemangel. Das kann nicht gut gehen, oder kommen in 20 Jahren dann die Roboter, die die Arbeit machen und das bedingungslose Grundeinkommen für alle?
Was würden Sie tun?
Handwerk und Dienstleistungen steuerlich begünstigen. Sodass es weniger lukrativ ist, Psychologie zu studieren, um später irgendwelche Zettel auszufüllen und abzustempeln. Und von wegen Privilegien: das gibt es alles schon heute für die Beamten.
Haben Sie selbst ein Personalproblem?
Natürlich merke auch ich, dass der Pool an möglichen Mitarbeitern immer kleiner wird, und mit einem Bachelor kann ich im Betrieb wirklich nichts anfangen.
Ist das Problem in Österreich und Kroatien austauschbar?
Seit die Grenzen offen sind, gehen viele Kroaten nach Deutschland oder Österreich arbeiten, wo die Löhne höher sind. Auf ihrem Heimmarkt fehlen sie. Es sollen jetzt Bosnier und Serben die Lücke füllen. Diese würden auch in Österreich arbeiten wollen, haben aber Drittstaaten-Status und müssen um Arbeitsgenehmigungen betteln. Es ist eine absurde Hierarchie nach unten, die wir international aufgebaut haben.
In Österreich will Arbeitsminister Martin Kocher den Druck auf Arbeitslose erhöhen, einen Job anzunehmen. Entschärft das das Personalproblem?
Je weniger Druck zu arbeiten, desto weniger Lust zuarbeiten. Das liegt doch auf der Hand.
Wie schaut diesen Sommer die Buchungslage in ihren Häusern in Österreich und Kroatien aus?
Um 20 bis 30 Prozent besser als im Vorjahr, aber weiterhin unter dem Niveau von 2019. Grund zu jubeln gibt es keinen, und mir graust vor dem Herbst. Manche Medien beten eh schon die 4. Welle herbei.
Rechnen Sie nicht damit?
Ich dachte immer, es geht darum zu verhindern, dass es zu wenige freie Intensivbetten gibt. Das sollte die Impfung gewährleisten. Warum beschwören wir dann aber gleich einen 4. Lockdown herauf?
Der Doktor der Betriebswirtschaft (geboren 1960) führt die Salzburger Holleis-Gruppe.
Zu dieser gehören der Salzburger Hof sowie das Grand Hotel in Zell am See, das Berghotel Rudolfshütte (Uttendorf) sowie in Kroatien die Hotels Miramar (Opatja) und Kvarner Palace (Crikvenica).
Die Rede ist von einer 4. Welle, oder?
Wenn diese dazu führt, dass wieder ein Land nach dem anderen Reisewarnungen ausspricht und Gäste panisch abreisen, kommt das für uns Touristiker auf das gleiche wie ein Lockdown raus. Das deutsche Robert Koch Institut hat Mitteldalmatien schon wieder auf die rote Liste gesetzt. Das kann ja heiter werden im Herbst.
In Zell am See haben Sie traditionell viele internationale Gäste – und heuer?
Die arabischen Gäste werden heuer in Zell am See ausbleiben, damit haben wir in der Hochsaison eine Auslastung von 70 Prozent. Das sind keine guten Nachrichten.
Wertschöpfung
Der Tourismus trägt direkt und indirekt 15 Prozent zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt bei. Im Rekordjahr 2019 zählte die Branche 150 Millionen Gästenächtigungen, 2020 nur noch halb so viele.
16.000 Arbeitsplätze
im Tourismus sind derzeit offen
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