Top-Verdiener und Gewerkschafts-Karrieristen: Die Macher hinter dem AUA-Streik
Der Arbeitskampf der 3500 AUA-Piloten und Flugbegleiter unter dem Schutzschirm der Gewerkschaft vida verärgert nicht nur die Passagiere. 50.000 Fluggäste waren in der Vorwoche vom Streik betroffen, eine Verlängerung droht.
Aber auch die Mitarbeiter am Boden und andere Gewerkschafter sind empört. Sie stehen nicht mehr hinter den Bord-Kollegen.
„Wir sind für gerechte Löhne und vernünftige Arbeitsbedingungen. Aber für Lohnforderungen zwischen 26 und fast 50 Prozent, also 40 Prozent im Durchschnitt, hat bei uns niemand Verständnis“, macht einer der knapp 3000 kaufmännisch-technischen Mitarbeiter im Gespräch mit dem KURIER seinem Ärger Luft.
Frust der Passagiere
Sie sind es, die den Frust der Passagiere direkt abbekommen. An den Check-in-Schaltern, den Gates und im Service-Center, wo rund um den Streik Tausende Anfragen bewältigt werden mussten – 20-mal mehr Anrufe als in Normalzeiten. Während die Streikenden großteils zu Hause blieben.
„Wir müssen die zu Recht empörten Kunden beruhigen und servicieren und haben richtig viel Stress. Aber verdienen nur einen Bruchteil der Piloten-Gagen“, sagt eine Mitarbeiterin am Check-in. Die Gehälter am Boden sind Meilen entfernt von den Einkommen an Bord und liegen im Schnitt bei knapp 2800 Euro brutto, 14-mal im Jahr.
Zum Vergleich:
Co-Piloten im ersten Dienstjahr verdienen derzeit mehr als 68.000 Euro brutto übers Jahr, gefordert werden knapp 100.000 Euro. Solche Lohnerhöhungen im Cockpit entsprächen in etwa dem Jahresgehalt von Flugbegleitern.
Wenig Verständnis hat man auch bei der Gewerkschaft GPA. Dort hält man Verhandeln für den besseren Weg, anstatt ausgerechnet für eine Berufsgruppe zu streiken, die zu den Spitzenverdienern in Österreich zählt. Die Abschlüsse der vida in den letzten Monaten für andere, allesamt schlechter entlohnte Branchen, waren wesentlich bescheidener. Und bewegten sich meist unter zehn Prozent, beispielsweise für Friseure, Autobuslenker oder bei den ÖBB.
Bahn-Betriebsratsboss Roman Hebenstreit lief als vida-Chef rund um den Streik zur rhetorischen Höchstform auf. Er gilt in ÖGB-Kreisen als „extrem ehrgeizig“, dem freigestellten Lokführer werden intensive Ambitionen auf die Nachfolge von Gewerkschaftsboss Wolfgang Katzian, 67, nachgesagt. Im ÖGB geht man davon aus, dass Katzian keine weitere Periode mehr kandidieren wird. Von den Arbeitgebern wird Hebenstreit als „Scharfmacher“ gefürchtet, er schickte die Staatsbahn 2022 in den Warnstreik.
Hebenstreits möglicher vida-Nachfolger, Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt, steht schon Gewehr bei Fuß. Im Hauptberuf Fluglotse bei der staatlichen Austro Control (derzeit in Teilzeit) und Betriebsratschef im Flughafen-Tower, gilt er in Wirtschaftskreisen ebenfalls als „Zündler im Hintergrund und Scharfmacher“.
Dass beide Gewerkschafter aus Staatsunternehmen kommen, die wenig bis gar nicht im Wettbewerb stehen, stößt den Arbeitgebern obendrein sauer auf. Liebhart und Bord-Betriebsratschef Rainer Stratberger dürfen sich außerdem zu den Top-Verdienern in der Luftfahrt zählen. Die Fluglotsen sind traditionell Spitzenverdiener in der Luftfahrt. Liebharts Gehalt wird inklusive Zulagen auf ein Vollzeit-Jahreseinkommen von rund 150.000 Euro geschätzt. AUA-Chefin Annette Mann wurde übrigens vorgeworfen, nicht selbst bei den Lohnverhandlungen dabei zu sein. Das AUA-Verhandlungsteam leitet Vorstand Francesco Sciortino (COO). Doch Hebenstreit und Liebhart haben bisher noch kein einziges Mal verhandelt.
Private Verlustfirma
Stratberger fliegt als langjähriger Pilot und Kapitän in den oberen Gehaltsklassen der AUA. Er kann eine saftige Gagen-Erhöhung trotzdem gut brauchen. Seine Firma Stratair (Modellflugzeuge) weist laut Firmenbuch 2022 einen kumulierten Bilanzverlust von mehr als 342.000 Euro aus. Bei Verbindlichkeiten von 351.000 Euro und einem negativen Eigenkapital von rund 280.000 Euro.
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