Die Hoffnung ruht also wie so oft auf der Ausgabefreudigkeit der Konsumenten ...
Man muss die Entwicklung sehen. Die Netto-Reallöhne waren 2022 negativ, 2023 knapp positiv und sind heuer mit 4,5 Prozent stark positiv. Das wirkt wie ein Booster für die Wirtschaft.
Die Konjunktur-Flaute hat schon im 3. Quartal 2022 begonnen. Dennoch ist der Arbeitsmarkt relativ robust geblieben, ist die ganz große Pleitewelle ausgeblieben, haben viele Unternehmen hohe Gewinne erzielt. Es krankt also offenbar an der Psychologie. Reden wir uns in die Dauerkrise?
Naja, nicht nur. Man muss schon auch die erheblichen Einschläge von außen sehen, die es gab. Etwa der massive Energiepreisanstieg durch die geopolitischen Spannungen, der bis zu unserer Haustür gespült wurde. Das war ein massiver Wohlstandsverlust für Österreich. Aber natürlich hat auf der anderen Seite der Arbeitsmarkt bisher überrascht. Eine Rezession mit solch stabilen Arbeitsmarktzahlen ist eine positive historische Anomalie.
Jetzt steigen die Arbeitslosenzahlen aber wieder ...
Ja, wir sehen dass die Krise Anfang 2024 auch auf dem Arbeitsmarkt langsam angekommen ist. Aber das bedeutet in Wahrheit nur, dass die Beschäftigung nicht mehr so stark steigt wie vorher.
Wenn ab dem zweiten Halbjahr die Zinsen wirklich sinken sollten und Kredite wie Investitionen wieder anspringen, wie kräftig kann die Erholung ausfallen?
Also heuer erwarten wir ein BIP-Wachstum von 0,5 Prozent. Das ist schon etwas mehr als die 0,2 Prozent des WIFO. Und 2025 sollte sich das Wachstum auf 1,8 Prozent erholen. Das ist ein wirklich schöner Wert, viel mehr kann man von Österreich, einem hoch entwickelten Land, kaum verlangen. Natürlich gibt es Risiken. Wir reden von einer holprigen Straße mit vielen Auf und Abs, aber die Richtung stimmt.
Wie viel werden die Zinssenkungen bewirken?
Das ist eine sehr relevante Frage, aber wir wissen es nicht genau. Ökonomen nennen das einen nicht-linearen Effekt. Häuslbauer, Banken, alle warten darauf, verknüpft mit dem Wohnbaupaket der Regierung. Was man sagen kann ist, das Volumen bei den Wohnbaukrediten wird heuer noch einmal schrumpfen, aber der Tiefpunkt müsste im ersten Halbjahr überschritten sein.
Was kann die Politik tun? Muss sie die Flaute aussitzen?
Entscheidend ist, dass die Fiskalpolitik der Bundesregierung die Geldpolitik der Zentralbank nicht konterkariert. Es sollten auf gut Deutsch keine teuren Wahlzuckerl verteilt werden. Das würde die Inflation erneut anheizen und die Zinsen müssten dann noch länger hoch bleiben. EZB und Politik müssen wirklich abgestimmt im Tandem fahren.
Apropos Zinsen und Inflation: Wir haben schon lange eine wesentlich höhere Teuerung als in der Eurozone. Wie sehr gefährdet das die Wettbewerbsfähigkeit?
Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Österreichs erodiert, wenn diese Differenz zur Konkurrenz längere Zeit bestehen bleibt. Da müssen wir wirklich aufpassen, dass wir nicht zu teuer werden, dass wir uns nicht aus dem Markt preisen. Mit einer höheren Produktivität kann man da einiges abfangen, aber das geht vielleicht in der Industrie. Im Dienstleistungsbereich tut man sich da schon wesentlich schwerer. Der Staat könnte freilich gegensteuern, indem er moderne Rahmenbedingungen schafft – von der Infrastruktur über die Bildung bis hin zur Energiesicherheit.
Wo sehen sie die größte Herausforderung? Ist es der Fachkräftemangel, die Alterung, ist es der Immobiliensektor nach der Signa-Pleite?
Insgesamt ist der Immobilienmarkt sicherlich etwas unter Druck, aber unser Finanzsystem ist sehr solide aufgestellt und auf jeden Fall stabil genug, um die Signa-Pleite abzufangen. Ich sehe die größte Herausforderung in budgetärer Natur. Wir müssen den Staatshaushalt wieder ganz klar konsolidieren und Spielraum schaffen für die nächsten Krisen und Schocks, die bestimmt kommen werden. Das ist entscheidend angesichts der hohen Belastungen aus der Alterung der Gesellschaft oder der grünen Transformation.
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