Hohe Inflation, wenig Wachstum: Notenbank in Sorge um Wirtschaft

Robert Holzmann
Auch wenn Nationalbank-Chef Robert Holzmann und die Ökonomen der OeNB sehr zurückhaltend und diplomatisch formulieren, dieses Mal ist ihre Botschaft eindeutig: Österreichs Wettbewerbsfähigkeit gerät in Gefahr.
Gemäß der neuen gesamtwirtschaftlichen Prognose für die Jahre 2023 bis 2026, die am Freitag präsentiert wurde, fällt die Inflation in Österreich im nächsten Jahr mit vier Prozent deutlich höher aus als im Durchschnitt der Eurozone (2,7 Prozent).
Gleichzeitig bleibt das Wirtschaftswachstum 2024 mit 0,6 Prozent hinter dem Durchschnitt der 20 Euro-Mitgliedsländer zurück (0,8 Prozent). In Ländern wie Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden oder Belgien wird 2024 ein kräftigeres Wirtschaftswachstum als in Österreich erwartet.
Lohnstückkosten
Und über einen längeren Zeitraum betrachtet, ergibt die Kombination aus höherer Teuerung und schwächerem Wachstum einen überdurchschnittlich starken Anstieg der Lohnstückkosten in Österreich – ein bedeutendes Maß für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.

Konkret liegt der Anstieg der heimischen Lohnstückkosten für die Jahre 2021 bis 2026 um mehr als acht Prozentpunkte über dem Anstieg im Eurozonen-Durchschnitt. Errechnet hat das OeNB-Ökonomin Birgit Niessner. Auf Nachfrage versucht sie, nicht alarmistisch zu klingen: „Das Wachstumsmodell Österreichs ist an sich intakt. Mit Tourismus und Industrie sind wir noch immer gut aufgestellt. Aber wir müssen uns hüten, dass unsere Attraktivität als Standort nicht verloren geht.“ Freilich ermahnt auch Gouverneur Holzmann die Politik: „Wichtig wäre jetzt die vielen Reformen anzugehen, die man vielleicht schon früher hätte angehen sollen.“
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Faktum ist: Im zu Ende gehenden Jahr 2023 schrumpft Österreichs Bruttoinlandsprodukt (-0,7 Prozent) und die Erholung 2024 fällt schwach aus. Getragen wird das zaghafte Wachstum vom privaten Konsum.
Staatshaushalt
Weil kein richtiger Aufschwung zustande kommt, und erst 2025 wieder mit einem nennenswerten Wachstum von 1,7 Prozent gerechnet wird, nimmt die Arbeitslosigkeit wieder zu. Nicht zuletzt hinterlässt diese Entwicklung Spuren im Staatshaushalt.
Wie am Donnerstag der Fiskalrat, erwartet auch die Nationalbank ein Budgetdefizit bis 2026, das nur knapp unter der erlaubten Maastricht-Grenze von drei Prozent bleibt. Zu hohe Staatsausgaben bei zu geringen Steuereinnahmen bzw. zu großflächigen Unterstützungsmaßnahmen gegen die Folgen von Corona und Inflation stehen hinter den Defizitwerten.
Hohe Schuldenberg
Wer Jahr für Jahr mehr ausgibt, als er einnimmt, sitzt irgendwann auf einem gewaltigen Schuldenberg. 2020 startete Österreich mit einem ausgeglichenen Budget in die Covid-Krise. Käme es jetzt zu einer neuen Krise, stünden der Republik wesentlich geringere Mittel zu Verfügung, um gegen zu steuern. In Zahlen: Österreich hat zwischen 2020 und 2023 gut 50 Milliarden Euro an neuen Schulden angehäuft. Dadurch steigt auch der Zinsendienst kräftig an.
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Wie der Staat, so haben aber auch Private wenig Hoffnung auf eine sehr schnelle Zinssenkung. Wahrscheinlich sei der Zinsplafonds mit einem aktuellen Leitzins von 4,5 Prozent erreicht, sagt Holzmann. Aber die Inflation könnte demnächst kurzfristig auch wieder steigen, weil Hilfsprogramme in manchen Ländern auslaufen. Die EZB belässt daher auf Sicht den Leitzins wo er ist.
Holzmann bestätigte, dass am Donnerstag bei der letzten EZB-Zinssitzung des Jahres noch gar nicht über eine Zinssenkung diskutiert wurde.
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