Bauernbund-Direktor Süß zu Schweinebauern: "Darf nicht alle in einen Topf schmeißen"
Vor ungefähr einem Monat wurde David Süß zum neuen Direktor des Bauernbundes bestellt. Der 33-jährige Waldviertler war zuvor im Parlamentsklub der ÖVP für die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Tierschutz, Lebensmittel und Konsumentenschutz zuständig.
Er hat an der HBFLA Francisco Josephinum (Agrar-HTL) in Wieselburg maturiert und danach das Studium der Rechtswissenschaften mit Spezialisierung auf Agrar- und Umweltrecht an der Universität Wien im Jahr 2012 abgeschlossen. Schwerpunkte des landwirtschaftlichen Familienbetriebs mit 65 Hektar sind die Kompostierung von Bioabfällen und der Anbau von Kartoffeln für die Stärkeproduktion. Kartoffelstärke wird auch für die Produktion von Babynahrung verwendet.
KURIER: Sie sind bisweilen auch als Bauer im Waldviertel im Einsatz?
David Süß: Ja. Meine Eltern, die den Betrieb führen, sind nächste Woche auf Urlaub. In dieser Zeit bin ich zu Hause Bauer. Meine Frau und meine kleine Tochter wohnen im Waldviertel. Sonst bin ich immer Wochenpendler.
In Deutschland hat der Lebensmitteleinzelhandel Schweinefleisch mit den schlechtesten erlaubten Haltungsbedingungen aus dem Sortiment genommen. Wie wird man in Österreich auf diese Entwicklung reagieren?
Der Kompass in der Schweinebranche steht auf Veränderung. Nächste Woche wird es im Parlament einen Beschluss geben, mit dem die Schweinehaltung verbessert wird. Die Tiere bekommen mehr Platz. Die Zahl der Premium-Schweine, die auf Stroh gehalten werden, soll bis 2030 von 250.000 Stück auf eine Million steigen. Damit werden wir auch die Märkte in Deutschland weiter bedienen können.
Es gibt immer wieder Berichte über miserable Haltungsbedingungen von Schweinen.
Die Bilder sind schrecklich und durch nichts zu entschuldigen, aber es sind Einzelfälle. Man darf nicht alle in einen Topf schmeißen. So sind die Schweinebauern nicht. Die Bauern schauen, dass es den Tieren gut geht. Nur mit gesunden und vitalen Tieren kann man Geld verdienen.
Die Verbesserung der Haltungsformen von Schweinen wird wohl auch die Preise steigen lassen.
Natürlich werden die Mehrkosten abgegolten werden müssen. Tierwohlprodukte werden als höherpreisige Segmente etwas schwächer nachgefragt. In der Direktvermarktung gibt es aber auch Kunden, die nicht nur auf den Preis schauen.
Was sind die konkreten Verbesserungen beim Tierwohl, die nächste Woche im Parlament beschlossen werden sollen?
Ab 2023 wird es in der Schweinehaltung ein Verbot der unstrukturierten Vollspaltenbuchten im Neu- und Umbau geben. Das wird sich in den kommenden Jahren auswirken. Parallel kommt beim AMA-Gütesiegel mehr Tierwohl.
Was darf man sich unter dem Begriff unstrukturierte Vollspaltenbuchten vorstellen?
Das ist ein Haltungssystem, bei dem es keine Trennung der Funktionsbereiche Fressen, Liegen und Koten gibt. Künftig wird es eine solche Trennung geben. Es müssen die zusätzlichen Produktionskosten aber auch abgegolten werden.
"Bereitschaft für Tierwohl mehr Geld auszugeben ist deutlich niedriger."
Bei den Kühen ist es über die Jahre gelungen, die Haltungsbedingungen deutlich zu verbessern. Warum dauert es bei den Schweinen so lange?
Die Bäuerinnen und Bauern müssen mit dem Weltmarkt konkurrieren. Wir schauen zwar im eigenen Land auf die Haltungsbedingungen, bei den Fleischimporten ist es allerdings egal, wie das Schwein gehalten wird. Dazu kommt, dass jede Veränderung in der Landwirtschaft mit hohen Kosten verbunden ist. Es dauert 20 bis 25 Jahre, bis sich der Neubau eines Stalls rechnet.
Sind die Konsumenten tatsächlich bereit für mehr Tierwohl auch mehr zu bezahlen?
Da klafft eine große Lücke. In den Umfragen heißt es immer, ja ich bin für Tierwohl, aber das Einkaufsverhalten schaut dann ganz anders aus. Die Bereitschaft mehr Geld dafür auszugeben ist deutlich niedriger.
Die Landwirtschaft drängt schon seit längerer Zeit auf den Ausbau der Biomasse. Was erwarten Sie sich konkret?
Ich wünsche mir, dass Energieministerin Leonore Gewessler jetzt rasch die notwendigen Rahmenbedingungen für die Biogasbranche schafft. Wir können bis 2030 zehn Prozent des Gasverbrauches durch Biogas ersetzen. Bis 2040 sogar ein Drittel. Es fehlt aber nach wie vor der rechtliche Rahmen für die Einspeisung von Biogas ins Netz.
Es wird immer wieder kritisiert, dass für die Biogasproduktion Flächen genützt werden, die für die Lebensmittelproduktion fehlen.
Die Kritik war in der Vergangenheit berechtigt. Wir achten jetzt und in Zukunft darauf, dass nur landwirtschaftliche Reststoffe in die Biogasanlage kommen. Dazu kommen Abfälle aus der Lebensmittelindustrie. Es gibt noch viel Potenzial aus Gülle, Mist und sonstigen landwirtschaftlichen Abfällen.
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