Swap-Krimi: Linzer Stadtchef war das Risiko nicht bewusst

Seit dem Vorjahr ist Klaus Luger Bürgermeister von Linz. Er musste jetzt im Swap-Prozess aussagen.
Linzer Bürgermeister Klaus Luger musste vor Gericht sechs Stunden Rede und Antwort stehen.

Im 540 Millionen Euro schweren Schadenersatz-Prozess zwischen der Stadt Linz und der Bawag um die verlustreiche ZinswetteSwap 4175“ musste am Freitag der Linzer Bürgermeister Klaus Luger am Handelsgericht in Wien aussagen. Im Mittelpunkt der Verhandlung in Saal 708 stand die Frage, was die verantwortlichen Linzer Politiker tatsächlich über das Risiko eines Swaps wussten - allen voran der frühere Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr. Mayr war auch Chef der Beteiligungsverwaltung der Stadt Linz und Aufsichtsratschef der ausgegliederten Immobilien Linz AG (ILG).

Sein Vize-AR in der ILG war von 2005 bis Sommer 2013 der damalige Stadtrat und heutige Bürgermeister Klaus Luger. Nicht nur die Stadt Linz hatte eine mutmaßlich toxische Zinswette mit der Bawag abgeschlossen, sondern auch die ILG. Luger sagte aus, was er damals unter einem Zinsabsicherungsgeschäfte verstanden habe: Die ILG tauschte einen variablen Zinssatz gegen einen fixen Zinssatz. War der tatsächliche Zinssatz niedriger als der fix festgelegte, musste die Stadt zahlen, war der tatsächliche Zinssatz aber höher als der festgelegte, musste die Bank zahlen. Gemeint sind damit entsprechende Ausgleichszahlungen oder Prämien.

„Er habe damals darunter aber nur verstanden, dass die ILG gegenüber möglichen höheren Zinsen geschützt gewesen sei“, zitiert die Austria Presseagentur (APA) den Linzer Stadtchef. „Dass dahinter noch mögliche hohe Ausgleichszahlungen standen, die in Abhängigkeit vom Erreichen anderer Bedingungen abhängig waren, dieses Risiko sei ihm in dieser Form nicht bewusst gewesen."

Heutiges Wissen

„Das Risiko, das heute hier skizziert wurde, war mir damals nicht bewusst“, sagte Luger vor Gericht. Auch als Ende 2009 die Bilanzersteller und Bilanzprüfer über die unterschiedliche Bewertung des Swaps stritten, weil die Angaben der Bank nicht nachvollziehbar beziehungsweise intransparent waren, läuteten keine Alarmglocken. Die Bewertung der Zinswette durch die Bawag war negativ. "Die im Aufsichtsrat der ILG zum Geschäftsabschluss 2008 diskutierte Bewertung der Swaps kennt Bürgermeister Luger nur aus dem Protokoll. Er war bei der maßgeblichen Sitzung entschuldigt", heißt es in einer Stellungnahme der Stadt.

Eingeschränkter Bestätigungsvermerk

Die Abwertung, die die Bilanz-Experten vorgeschlagen hatten, wurde nicht vorgenommen. Die ILG holte einfach ein Gutachten ein und nahm die positive Bewertung als Bilanzansatz. Im Gegenzug nahm man dafür die "Einschränkung des Bestätigungsvermerkes" durch den Bilanzprüfer in Kauf. Dieser Makel hatte nämlich keine direkten finanziellen Nachteile. Im Aufsichtsrat der ILG habe es nicht einmal eine Diskussion darüber gegeben.

Das ist auch kein Wunder: Der ILG-Aufsichtsrat ist nach der politischen Verteilung im Gemeinderat besetzt. Finanzexperten waren nicht darunter. Man beschäftigte sich vor allem im AR mit Bauprojekten und man habe die wesentlichen Grundsatzbeschlüsse des Gemeindesrats auch im ILG-Aufsichtsrat nachvollzogen. "Es war Thema im Aufsichtsrat, wieviel Zinsen wir uns durch den Umstieg von variablen durch fixe Zinsen ersparten haben", erinnert sich Luger.

Keine Kontrolle

Doch das Hauptproblem war die fehlenden Kontrolle und Aufsicht, oder besser gesagt die „Eigenkontrolle“. Denn: Der Linzer Finanzdirektor Werner P. war auch Geschäftsführer der ILG, Finanzstadtrat Mayr war Chef der Linzer Beteiligungsgesellschaft, zu der die ILG gehört. Und bei der ILG war er Aussichtsratschef. Das heißt: Bei P. und Mayr berichten an sich selber.

„Ein regelrechte Einladung zu einem Kontrollversagen“, bezeichnete Bawag-Anwalt Gabriel Lansky diese Ämterhäufung bei beiden Personen. Richter Andreas Pablik skizierte es etwas drastischer: „Wenn die eine Person auf der einen Seite unfähig war, dass war sie es auch auf der anderen Seite“. Richter Pablik meinte auch, es habe eigentlich keine Fachaufsicht über die Geschäftsführung bestanden. Die Geschäftsführung hätte handeln können, ohne dass irgendjemand was gewusst hätte.

„Diese Form der Ämterkumulierung sei damals kein Thema gewesen“, sagte Luger laut APA. Aus den Berichten von ILG-Geschäftsführer Werner Werner P. an den ILG-Aufsichtsrat über die Zinstauschgeschäfte, habe er keine relevante Gefahr abgeleitet. „Solche Befürchtungen sind mir nicht bekannt gewesen“, sagte Luger. Bis 2009 sei immer berichtet worden, dass es gut läuft.

Dass auch die Stadt Linz eine Zinswette mit der Bawag abgeschlossen hatte, habe er damals nicht gewusst. Am Verhandlungstag am Freitag war der „Swap 4175“ aber nur am Rande ein Thema.

Stellungnahme der Stadt Linz

"Die Stadt Linz ist weiterhin an einer einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreits interessiert. Dafür müssen aber endlich, so wie von der BAWAG P.S.K. zugesichert, die wesentlichen Fakten, insbesondere der echte Schaden der BAWAG P.S.K. offengelegt werden", heißt es in einer Aussendung der Stadt Linz. "Die Organe der Stadt Linz können nur einem Vergleich zustimmen, der dem starken Rechtsstandpunkt der Stadt Rechnung trägt. Andernfalls muss dieser Rechtsstreit im Interesse der Steuerzahler bis zum Obersten Gerichtshof durchgefochten werden." Am 20. Jänner nächsten Jahres werde jedenfalls weiter verhandelt.

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