Die "rollende Provokation": Müssen SUV-Fahrer bald mehr zahlen?

1,75 Meter hoch, 2 Meter breit, mehr als 5 Meter lang und 2,7 Tonnen schwer (unbeladen): das sind die Maße des BMW XM. Ein Auto der Gattung SUVs (Sport Utility Vehicles), freundlich als sportlicher (Stadt-)Geländewagen umschrieben, landläufig auch oft als ein Schlachtschiff auf vier Rädern bezeichnet oder „Die rollende Provokation“, wie ihn der deutsche Verkehrsklub ADAC in einem Test genannt hat.
Auch wenn dieses Modell eines der größten Vertreter seiner Gattung ist, so stellt diese für viele Menschen eine Provokation dar. Vor allem in Städten, wo der Platz knapp ist, die Luft ohnehin nicht die Beste und es öffentliche Verkehrsmittel als Alternative zum Auto gibt.
Daher versuchen zunehmend Stadtregierungen, den Autoverkehr zu reduzieren und insbesondere SUVs zurückzudrängen. Vor allem in der französischen Hauptstadt Paris.
In Deutschland hat Tübingen beim Anrainerparken eine höhere Gebühr für schwere Fahrzeuge eingeführt. Andere Städte planen ebenfalls Maßnahmen, es fehlt aber hierfür oft noch an rechtlichen Grundlagen. Gerichte haben entsprechende Vorhaben, etwa in Freiburg, gestoppt.
Grazer Vorhaben
Ähnlich ist die Lage in Graz. Die Stadtregierung würde auch gerne von Besitzern großer Fahrzeuge beim Parken im öffentlichen Raum mehr verlangen, doch lässt dies ebenfalls die heimische Rechtslage nicht zu. Und auch die Grünen in Wien zeigen sich der Idee gegenüber alles andere als abgeneigt. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) plädiert daher für eine Änderung in diesem Sinne. „Insgesamt macht es Sinn, bei den Parkgebühren nach Größe beziehungsweise Schwere zu differenzieren“, sagt Sprecher Christian Gratzer zum KURIER.

Anders sehen dies die Mobilitätsklubs. „Es gibt mit der Parkraumbewirtschaftung ein funktionierendes und ohnedies schon teures System in Wien“, sagt ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig. „Und auch die meisten anderen Städte haben eine zufriedenstellende Kurzparkzonenregelung. Wir sehen keine Notwendigkeit einer Änderung. Vielmehr möchten wir die Wiener Stadtregierung eher daran erinnern, dass die Evaluierung nach der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf ganz Wien noch aussteht.“
Definition
Ein Sport Utility Vehicle zeichnet sich durch eine erhöhte Bodenfreiheit aus und erinnert optisch mehr oder weniger stark an klassische Geländewagen. Diese müssen aber zusätzlich höhere technische Anforderungen erfüllen.
107.000
SUV und Geländewagen wurden laut VCÖ im Vorjahr in Österreich neu zugelassen, ein Rekordwert, und die meisten (24.000) in Wien. 39 Prozent der SUV haben ausschließlich einen Verbrennerantrieb. 27 Prozent der SUV sind Elektro-Autos, weitere 11 Prozent Plug-In-Hybride.
Und Experte Matthias Wolf vom Öamtc ergänzt: „Mit dieser Maßnahme wird man keinen Lenkungseffekt erzielen. Das hilft weder dem Klima noch der Sicherheit. Man wird nur auf eine gleichheitswidrige Art und Weise unsachlich Mehreinnahmen generieren.“ Er schlägt vor, den Pendlerverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. „Das ist jedoch gerade im Hinblick auf die aktuellen Schwierigkeiten rund um den ÖBB-Frühverkehr sicherlich schwieriger, als einfach gegen fremde SUV-Fahrer zu hetzen.“
Steigender Anteil
Doch wie groß ist das SUV-Problem in Österreich tatsächlich? Laut VCÖ hat sich ihr Anteil an den Neuzulassungen seit 2010 von 13 Prozent auf 45 Prozent 2023 mehr als verdreifacht. Und generell werden Autos immer größer. Laut der Organisation Transport & Environment wuchsen sie in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt jährlich um je einen halben Zentimeter in der Breite (siehe Grafik). Laut Arbö-General Kummig sind SUVs eine aus mehreren Gründen sehr beliebte Fahrzeuggattung: „Sie sind höher, wodurch die Lenker einen besseren Überblick haben. Auch das Ein- und Aussteigen und die Beladung ist oftmals bequemer.“
Zudem gebe es SUVs in unterschiedlichen Ausführungen, vom Mini- bis zum Großraumgeländewagen. „Die meisten Kompakt-SUVs sind nicht größer als Vans, Kombis oder Limousinen. Es wäre daher schwer zu unterscheiden, ab wann die höheren Gebühren anfallen. Warum soll eine Großraumlimousine, die mehr Platz verbraucht, weniger bezahlen, als ein Kompakt-SUV mit überschaubaren Maßen?“, fragt sich Kummig.
Aus Sicht des VCÖ wäre das Problem bei der Wurzel anzupacken und auf EU-Ebene bessere Vorgaben für Hersteller zu beschließen, damit mehr kleinere Modelle auf den Markt kommen. Doch genau daran hakt es. Denn die Hersteller verzichten in ihren Flotten zunehmend auf Kleinwagen, weil sie sich aufgrund der restriktiven Vorgaben hinsichtlich Technik und dem CO2-Verbrauch der gesamten Flotte nicht mehr rechnen.
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