Grüne verabscheuen den Kapitalismus, Börsen und Aktien sind für die Ökos Teufelszeug. So lautet die landläufige Meinung über die grüne Wählerschaft. Das ist allerdings grundlegend falsch. Das Aktienbarometer 2023, eine große Umfrage über den Wertpapierbesitz der Österreicher, räumt jetzt mit diesem Vorurteil auf.
In der vom Aktienforum beauftragten Umfrage unter 2.000 Österreichern kommt Meinungsforscher Peter Hajek zu einem unvermuteten Ergebnis. Bei den Grünen finden sich anteilsmäßig die meisten Wertpapierbesitzer. 40 Prozent aller Mitglieder und Sympathisanten der Öko-Partei bunkern Wertpapiere, also Aktien, Anleihen, Fonds etc., in ihren Depots.
Dass knapp dahinter mit 39 Prozent die Neos folgen, ist wenig überraschend. Man weiß schließlich, dass die Liberalen auf den Kapitalmarkt abfahren.
Die Anhänger der ÖVP, die sich immer gerne als Wirtschaftspartei präsentiert, haben’s dagegen nicht so mit den Börsen.
Nur 32 Prozent der ÖVP-Sympathisanten halten Wertpapiere .
Bei der SPÖ besitzt nur ein knappes Viertel Wertpapiere, die FPÖ-Anhänger liegen mit 18 Prozent auf dem letzten Platz.
Aber warum ausgerechnet die Öko-Freaks als fröhliche Aktienzocker? "Investitionen am Aktienmarkt korrelieren stark mit Bildungsgrad, Einkommen und Vermögen. Das zeigt sich auch in der politischen Verortung", sagt Hajek.
Die Partei-Präferenz war eine Substudie des in der Vorwoche präsentierten Aktienbarometers und selbst für die Auftraggeber eine "kleine Sensation", gesteht Karl Fuchs, Geschäftsleiter des Aktienforums. "Überproportional viele Wertpapierbesitzer sind politisch eher links zu verorten, gerade bei den Grünen gibt es einen hohen Anteil", resümiert Fuchs. Er ortet "eine leichte Diskrepanz zwischen Parteipositionierung und dem Verhalten der eigenen Wählerschicht".
Schaut tatsächlich ganz so aus, als würden die Grünen politisch gegen ihre Klientel arbeiten. Sie blockieren nach wie vor die Behaltefrist bei der Wertpapapier-KESt, obwohl im Koalitionsabkommen vereinbart. Wer Aktien etc. wieder verkauft, zahlt auf den Kursgewinn 27,5 Prozent KESt. Geplant war die Abschaffung dieser Besteuerung nach einer Behaltefrist.
"Dies würde den Kapitalmarkt stärken und bietet den Menschen mehr Möglichkeiten zur Vorsorge", argumentiert man im Finanzministerium. Es gehe nicht um Spekulanten, sondern um eine Attraktivierung für die breite Bevölkerung. In Österreich seien Kapitalgewinne jetzt schon gegenüber Arbeitseinkommen steuerlich privilegiert, kontert die grüne Wirtschaftssprecherin Nina Tomaselli. Eine KESt-Reduktion würde dieses Ungleichgewicht weiter verstärken, "zudem profitieren von einer Senkung vor allem Reiche".
Diese Positionierung sei klar arbeitnehmerfeindlich, denn sie verhindere vermehrten Vermögensaufbau, meint Fuchs. Und die grüne Wende werde mit dem Kapitalmarkt viel eher zu schaffen sein.
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