Streit um Kündigungsfristen für Leiharbeiter

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Gewerkschaft will die von den Arbeitgebern geforderte Einstufung als Saisonbranche verhindern.

Sollen Leiharbeiter von der gesetzlichen Angleichung zwischen Arbeitern und Angestellten ausgenommen werden und weiterhin eine kürzere Kündigungsfrist von zwei Wochen haben? Über diese Frage tobt gerade ein erbitterter Streit zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in der Arbeitskräfteüberlassung.

Neuer KV

Seit Jahresbeginn sollte eigentlich der neue Kollektivvertrag (KV) gelten, aber die Verhandlungen dazu sind gescheitert und die Fronten verhärtet. Der Grund: Die Gewerkschaft wehrt sich vehement gegen die Absicht der Arbeitgeber, die Leiharbeit zur Saisonbranche zu erklären und damit kürzere Kündigungsfristen festzuschreiben. Diese Ausnahme von der gesetzlichen Angleichung zwischen Arbeiter und Angestellte erlaubt der Gesetzgeber in Branchen, die stark von saisonalen Schwankungen betroffen sind wie etwa Reiseunternehmen oder Gärtnereien.

"Keine Saisonbranche"

„Die Arbeitskräfteüberlassung ist aber definitiv keine Saisonbranche“, sagt Thomas Grammelhofer von der zuständigen Gewerkschaft Pro-Ge. Rund 80 Prozent der Beschäftigten seien in Industrie- oder Gewerbebetrieben überlassen, die keinerlei saisonalen Schwankungen hätten. Eine Angleichung der Kündigungsfristen an die Rechte der Angestellten, also sechs Wochen, sei daher nur fair.

Arbeitgeber-Chefverhandlerin Heidi Blaschek, Fachgruppenobfrau der Personaldienstleister in der WKO, macht die Zustimmung der Gewerkschaft zur Bedingung für den KV-Abschluss. „Wir wollen Rechtssicherheit für unsere Mitgliedsbetriebe“, argumentiert Blaschek. Sie verweist auf ein Schreiben, wonach sie den Betrieben eine Anhebung der Mindestlöhne um 1,45 Prozent rückwirkend ab 1. Jänner 2021 empfiehlt. Grammelhofer reicht das nicht. „Wir lassen uns sicher nicht erpressen, unter diesen Voraussetzungen können keine seriösen KV-Verhandlungen geführt werden“.

Schlupfloch

Die Gewerkschaft fürchtet, dass die Saison-Regelung auch in anderen Dienstleistungsbranchen als Schlupfloch zur Nicht-Umsetzung der Angleichung dienen könnte und kündigt Widerstand an. Wegen der Corona-Krise wurde das Inkrafttreten der Angleichung auf Wunsch der WKO auf 1. Juli 2021 verschoben. Kommt es bis dahin zu keiner Einigung, droht Rechtsunsicherheit.

anita staudacher

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