Streit um geplante Forststrategie der EU

Orkane, Stürme, aber auch der Mensch zerstören große Flächen Wald
Außernutzenstellung von Waldflächen laut Ministerin Köstinger wirtschaftlich und ökologisch kontraproduktiv.

Die neue EU-Waldstrategie bis 2030, die den Mitgliedsländern und dem EU-Parlament seit Juli zur Bewertung vorliegt, stößt auf heftige Kritik bei den Forstministern waldreicher europäischer Staaten und bei den europäischen Waldbesitzern.

In einer gemeinsamen Deklaration an die EU-Kommission fordern diese nun "deutliche Korrekturen im Hinblick auf die Umsetzung". Sie bekennen sich zum Green Deal, wollen aber auch ein Bekenntnis zur wirtschaftlichen Nutzung der Wälder.

"Die Wälder der Europäischen Union leisten einen enorm wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Green Deal. Eine flächendeckende Außernutzungstellung und eine Nicht-Nutzung der österreichischen Wälder würde jedoch rund 17.000 Jobs gefährden", sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Dienstag im Anschluss an eine zweitägige informelle Ministerkonferenz in Wien vor Journalisten. "Das werden wir nicht zulassen. Wir werden auch nicht zulassen, dass der Wald nur noch als Senker für Kohlenstoff genutzt wird."

Die EU-Kommission habe es verabsäumt, die Mitgliedstaaten miteinzubeziehen - der Übergang zu einer grünen Waldbewirtschaftung bleibe in der geplanten Waldstrategie unerwähnt. "Wir haben ein Bekenntnis zum Umbau unseres Wirtschaftssystems - da geht es darum, fossile Energieträger raus- und erneuerbare Energieträger reinzubringen", so die Ministerin. Der Wald bzw. die Forstwirtschaft sei Teil der Lösung. Aber das setze voraus, dass man Wald bewirtschafte und auch Produkte aus Holz als grün und kreislauforientiert anerkenne - und das sei derzeit nicht der Fall, betonte Köstinger.

Auch der finnische Landwirtschaftsminister Jari Leppä strich die Notwendigkeit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzung der europäischen Wälder hervor: "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Forstbesitzer mit marktwirtschaftlichen Anreizen dazu ermutigt werden, ihre Wälder zu verwalten", sagte er in der Pressekonferenz. Die Multifunktionalität der Wälder solle in einer Produkt-, Umwelt- und Klimastrategie berücksichtigt werden.

Nachhaltige Forstwirtschaft

Die in der EU-Waldstrategie geplante Außernutzungstellung der Waldfläche, konkret die Reduktion der Holzeinschlagmenge um 10 Prozent, würde den Wertschöpfungsbeitrag in der Holz- und Forstwirtschaft um 1,75 Mrd. Euro verringern, rechnete Köstinger vor. Dadurch wären 15.420 Arbeitsplätze in der Holz- und Forstwirtschaft unmittelbar gefährdet, zusätzlich zu 10.760 Jobs in den Zulieferbetrieben.

Die Mengenbeschränkung würde die Holzpreise in die Höhe treiben und die Holzimporte aus Nicht-EU-Ländern ansteigen lassen, gab Köstinger zu bedenken. "Das ist absolut kontraproduktiv, das schadet der Wirtschaft. Der Klimaschutz hört nicht an den Grenzen der EU auf."

"Wir bekennen uns zur Nachhaltigkeit und zur Aufforstung, aber das soll in nachhaltiger Bewirtschaftung enden", fasste Köstinger die Position der Minister und der Waldbesitzer zusammen. Gewünscht sei zudem eine stärkere Einbindung der europäischen Mitgliedsländer bei der Gestaltung der Zukunft des Waldes. "Wir wollen auch eine Kooperation und Koordination mit den Mitgliedsländern fördern - das soll unter der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips funktionieren." Die Einzelstaaten sind für ihre Forstpolitik zuständig, den übergeordneten Rahmen setzt die EU. "Die gemeinsame Erklärung werden wir der EU-Kommission übermitteln."

Europäische Grüne für ökologische Mindeststandards

Bei den europäischen Grünen stößt das Ansinnen der Minister und der Waldbesitzer auf Widerstand. "Heute wird wieder sichtbar warum wir eine starke, paneuropäische Waldstrategie brauchen", schrieb Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, in einer Aussendung.

Aufgrund von "ausbeuterischem Missmanagement einiger Mitgliedstaaten wie Rumänien, Polen oder Kroatien und der Entwicklung hin zur reinen Industriebewirtschaftung mit Großerntemaschinen", sei der Handlungsbedarf groß. "Wir brauchen ein festes Bekenntnis zu ökologischen Mindeststandards in allen Mitgliedsstaaten. Leider ist davon in Österreich noch nicht viel zu spüren."

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