Dürfen Betriebe gezielt Ungeimpfte anwerben?
Dürfen Firmen in Stelleninseraten aktiv um Ungeimpfte werben? Rein rechtlich spricht nichts dagegen. Das dachte sich auch der oberösterreichische Unternehmer Walter Degelsegger und schaltete in den Regionalmedien ein Jobinserat mit dem Titel: „Dein neuer Job: Kein Impfzwang! Alle Chancen!“
Das Brandschutz-Unternehmen BTS aus Attnang Puchheim sucht gleich mehrere Mitarbeiter (m,w,x), sowohl für die Produktion (Metallbearbeitung) und Montage als auch für die Verwaltung (siehe Faksimile). Egal ob geimpft oder ungeimpft.
"Geht gar nicht"
Es brauchte nicht lange und das BTS-Stelleninserat landete beim Werberat. „In Zeiten wie diesen geht das gar nicht“, heißt es in einem Beschwerdeschreiben an das Selbstkontrolle-Organ der Werbebranche.
Firmenchef Degelsegger versteht die Aufregung nicht: „Ich weiß nicht, was an dem Inserat falsch sein soll?“ sagt Degelsegger zum KURIER. Durch die 3-G-Regel (geimpft, genesen oder gestestet) besteht aktuell auch kein Impfzwang.
Die Beschwerde beim Werberat machte rasch die Runde in den sozialen Netzwerken und das Stelleninserat wurde so von Tausenden gelesen. „Das Inserat war ein voller Erfolg“, freut sich der Firmenchef. Es seien schon viele Bewerbungen eingetrudelt, sogar aus dem Burgenland hätten sich Interessenten gemeldet. „Da waren auch Geimpfte darunter“, sagt er.
Kein Impfgegner
Als Aktion gegen die Impfpflicht sei das Inserat nicht gedacht gewesen, betont Degelsegger, der in seinem Betrieb nach eigenen Angaben auf eine Impfquote von 80 Prozent kommt. Es gehe ihm aber um ein Miteinander statt Ausgrenzung. Er kenne Betriebe, die die 3-G-Regel als Vorwand nutzen würden, um unliebsame Mitarbeiter zu kündigen. Auch diese Gekündigten wolle er mit dem Inserat aktiv ansprechen.
Expansionskurs
Sein Brandschutz-Unternehmen ist auf Expansionskurs und sucht händeringend 10 bis 15 Mitarbeiter. Diese im Industriegürtel rund um Attnang-Puchheim zu finden, sei aber ein Ding der Unmöglichkeit, erzählt der Firmenchef, der schon seit 40 Jahren im Geschäft ist.
Vorarlberger Initiative
Akute Fachkräftesorgen plagen auch die Vorarlberger Betriebe. 3-G-Nachweis oder Impfpflicht verschärfen die Lage besonders wegen der Nähe zur liberaleren Schweiz massiv, Abwanderungen werden befürchtet. „Bei uns sind geimpfte wie ungeimpfte Mitarbeiter gleichermaßen willkommen“, wirbt das Dornbirner Hightech-Unternehmen Heron (400 Mitarbeiter) um Technik-Personal (siehe Faksimile)
Firmeninhaber Christian Beer sorgte ebenfalls mit einem von ihm initiierten Zeitungsinserat für Aufsehen. 56 Vorarlberger Betriebe unterschiedlicher Branchen und Größe sprechen sich darin gemeinsam „für die sofortige Aufhebung der Diskriminierung gesunder Menschen“ aus. Es sei den Betrieben wichtig gewesen, ein Signal gegen die Spaltung der Gesellschaft zu setzen, erläutert Beer auf KURIER-Anfrage.
Er beobachte eine gefährliche Entwicklung, niemand solle einem Impfzwang unterworfen werden. Mehr Aufmerksamkeit bei der Personalsuche sei nicht das Ziel gewesen, er habe aber „Tausende eMails bekommen“. 85 bis 90 Prozent seien positive Rückmeldungen vor allem von Betrieben gewesen, es habe aber auch Drohungen gegeben.
Impfhinweis im Stelleninserat
Viele Firmen schreiben in ihre Stelleninserate bereits dezidiert die Impfung als Aufnahmevoraussetzung hinein. Beim Jobportal karriere.at gibt es aktuell 200 Inserate mit zumindest einem Hinweis auf die Impfpflicht. Die meisten davon betreffen Jobs im Gesundheits- und Pflegebereich, aber nicht nur. So sucht etwa die Caritas einen Application Manager für das IT-Team mit dem Hinweis: "Die für den Arbeitsplatz erforderliche Impfung (Covid-19) ist Voraussetzung oder muss nachgeholt werden".
Auch von Forstarbeiter/innen, Büromitarbeiter/innen und Reinigungskräften wird - so noch nicht vorhanden - die Bereitschaft zur Covid-19-(Auffrischungs)impfung erwartet. Spätestens bei Dienstantritt.
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