Grundsätzlich gilt: Ein Staat ist dann zahlungsunfähig, wenn er seine Schulden nicht mehr bedienen kann, also Probleme mit der Zinszahlung oder der Schuldentilgung hat.
Die Ursachen dafür klingen fast ähnlich wie bei einem Privatkonkurs. Man hat über seine Verhältnisse gelebt, ist nicht mehr „flüssig“, hat zu viele Schulden angehäuft und ist auch nicht mehr kreditwürdig.
Russland ist nicht Griechenland
Schönes Beispiel ist Griechenland während der Euro-Krise ab dem Jahr 2010. Russland ist aber nicht Griechenland.
Mehr noch: Das Land ist eigentlich kein Fall für eine Staatspleite. Das Land verfügt über erhebliche finanzielle Mittel im In- und Ausland.
So werden die gesamten – aber teils blockierten - Devisenreserven durch die russische Zentralbank aktuell mit knapp 600 Milliarden Dollar (576 Mrd. €) angegeben.
Haupteinnahmequelle sind die großen Mengen an Rohstoffen, die Russland über die Jahre ins Ausland verkauft hat. Im Gegenzug hat das Land Devisen erhalten, also ausländische Währungen.
Geringe Verschuldung
Außerdem ist Russland im internationalen Vergleich nicht hoch verschuldet: Mit etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt die Schuldenquote deutlich niedriger als in vielen westlichen Industrieländern.
Und wo ist dann das Problem?
Ein Grund sind die scharfen Finanzsanktionen des Westens. Die Sanktionen schließen Russland und seine Banken vom globalen Finanzsystem aus. Das globale Finanzsystem wird nämlich weitgehend von westlichen Staaten dominiert.
Diese Beschränkungen machen es Russland nahezu unmöglich, seine Gläubiger im Ausland zu bezahlen - obwohl die finanziellen Mittel eigentlich vorhanden wären.
Der Rubel-Schmäh
Dazu kommt noch etwas: Eigentlich sind Zinszahlungen bei Auslandsschulden in der Regel in US-Dollar oder Euro vorgesehen. Russland zahlt in Rubel.
Russlands Notenbankchefin Elwira Sachipsadowna Nabiullina hat dafür – sehr vereinfacht gesagt – eine eigene Zahlungsstelle eingerichtet.
Das Problem ist jedoch, dass die Zahlungen von dort aus wegen der Sanktionen kaum an westliche Zahlungsstellen und damit an die westlichen Gläubiger weitergeleitet werden können.
Kein Kollaps
Lange Rede, kurzer Sinn: Da der Zahlungsausfall nicht mit akutem Geldmangel der russischen Regierung zu tun hat, sind die kurzfristigen Folgen erst einmal gering.
Es ist weder mit einer drastischen Rubelentwertung noch mit dem Kollaps des Bankensystems zu rechnen.
Wird der Ausfall festgestellt, könnten Gläubiger von Russland aber die Rückzahlung aller Schulden verlangen - auch derer, die eigentlich noch nicht fällig sind.
Das könnte dann langfristig schon zum Problem werden. Denn neue Anleihen kann Russland ja nicht aufnehmen. Das wird durch die Isolierung Moskaus vom globalen Finanzmarkt verhindert.
Eigentum bedroht?
Möglicherweise ist auch das Eigentum russischer Staatsunternehmen im Ausland bedroht, beispielsweise von Gazprom. Kläger könnten vor Gericht diesen Besitz als Gegenleistung für entgangene Zinszahlungen einklagen.
Die Rolle der Ratingagenturen
Aber so weit ist es noch nicht. Denn zunächst einmal müsste die Pleite ja offiziell verkündet werden.
Normalerweise ist das ein Fall für die Ratingagenturen. Das sind Standard & Poor's, Moody's und Fitch. Die werden von Staaten und Kreditgebern bezahlt, damit sie die Kreditwürdigkeit von Schuldnern analysieren.
Im Falle Russlands geht das nicht. Schräg, aber wahr: Die Sanktionen der Europäischen Union verbieten es den Ratingagenturen, die Finanzlage Russlands zu bewerten.
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