Staatsanwaltschaft will zweiten Kronzeugen aufstellen

Staatsanwaltschaft will zweiten Kronzeugen aufstellen
Wieder geht es um die Telekom, diesmal aber nicht um einen Manager des Konzerns.

Die Wiener Staatsanwaltschaft baut neben dem ehemaligen Telekom-Vorstand Gernot Schieszler jetzt einen weiteren Kandidaten als Kronzeugen auf. Wieder geht es um die Telekom, diesmal aber nicht um einen Manager des Konzerns, sondern um den ehemaligen Chef einer Zuliefer-Firma. Die Causa steht in Zusammenhang mit dem 46 Millionen Euro teuren Debakel, das die Telekom mit ihrer Tochter Mass Response bei ihrem Abenteuer mit Gewinnshows (Call-in-TV) für Privatsender hingelegt hat.

Alfred G. (Name der Redaktion bekannt) hatte am 18. März bei der Staatsanwaltschaft ausgepackt und detailliert erzählt, wie die Anrufer, die über teure Mehrwertnummern mitspielten, geblufft wurden. Der KURIER zitierte ausführlich aus dem Einvernahmeprotokoll. Waren die Jackpots in den Sendungen gut dotiert, wurden sogenannte „Statisten“ angerufen und in die Shows geschaltet. Die Gewinne, 6500 bis 33.000 Euro, gaben die Statisten in Kuverts wieder zurück, für ihre Dienste behielten sie 500 Euro. Die Ermittlungen sind in ein Großverfahren ausgeufert.

Die Staatsanwaltschaft hat nun einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt und den Kronzeugen-Status für Alfred G. beantragt. Weil er als Erster der zahlreichen Beschuldigten ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. In letzter Instanz entscheidet das Justizministerium.

Dort liegt wie berichtet der Antrag für Schieszler, der bis Ende Mai positiv erledigt werden dürfte. Schieszler hatte im Kursmanipulationsprozess ausgesagt und die Angeklagten schwer belastet. Kommende Woche wird er im Untreue-Prozess wegen illegaler Parteifinanzierung der FPÖ auftreten.

Die Justiz ist mit der Anfang 2011 eingeführten Kronzeugen-Regelung unter Zugzwang. Gelingt es nicht bald, mehrere Kronzeugen zu präsentieren, brauchen die Staatsanwälte gar nicht mehr darauf hoffen, dass Straftäter mithelfen, komplizierte und umfangreiche Wirtschaftsverbrechen aufzuklären. Da der Kronzeugen-Status erst am Ende des Verfahrens genehmigt wird, ist das Risiko groß, dass sich Kandidaten selbst belasten und dann doch verurteilt werden. Ein Kronzeuge bekommt nur eine Geldbuße und ist nicht vorbestraft, muss aber voll mit der Staatsanwaltschaft kooperieren und Wesentliches über die Mittäter auspacken.

Staatsanwaltschaft will zweiten Kronzeugen aufstellen
APA4670210 - 20072011 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Leiter der Sektion für Strafsachen im Justizministerium, Christian Pilnacek, am Mittwoch, 20. Juli 2011, während einer PK zur "Causa Golovatov" in Wien. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
„Es ist wichtig, dass die Regelung angewandt wird“, sagt Straf-SektionschefChristian Pilnacek. Er spricht von einem „deutlichen Signal, dass die Staatsanwaltschaft von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und die Regelung entsprechend wirksam ist“.

Schieszler-Anwalt Stefan Prochaska ist jedenfalls „inhaltlich sehr zuversichtlich“ und hofft auf eine endlich rasche Erledigung. Immerhin wurde seinem Mandanten der Kronzeugen-Status erstmals im Sommer 2011 in Aussicht gestellt.

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