Staatsanleihen als Objekte der Begierde

Staatsanleihen als Objekte der Begierde
RBI-Prognose: Größter Schock für den Welthandel seit dem Zweiten Weltkrieg

Das staatliche Hilfspaket, das die Regierung geschnürt hat, wiegt 38 Milliarden Euro. Dieses Geld und noch viel mehr hätte sich Österreich in ver Vorwoche auf einmal ausborgen können.

Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) legte zwei neue Staatsanleihen auf mit einem Volumen von insgesamt 7,5 Milliarden Euro auf. Der Run auf die Papiere aus dem In- und Ausland war derart groß, dass der Staat mehr als 43 Milliarden Euro einnehmen hätte können – so viel wie noch nie. Der bisherige Angebotsrekord, erst diesen Jänner aufgestellt, lag bei 30 Milliarden.

„Man muss klar sagen, Österreich gehört zu den Kernländern, die als sicher angesehen werden“, sagt OeBFA-Chef Markus Stix (im Homeoffice). Bei unzähligen Telefonaten mit großen Investoren wie Banken, Versicherungen, Fonds oder Zentralbanken sei ihm versichert worden: Österreich gelte als Hort der Sicherheit, auch deshalb, weil die Regierung schneller als andere auf die Corona-Krise reagiert habe. „Die Regierung ist definitiv umsichtig und besonnen vorgegangen“, so Stix.

Staatsanleihen als Objekte der Begierde

Markus Stix

EZB-Kaufprogramm

Aber natürlich habe auch das neue 750 Milliarden Euro schwere Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank geholfen, das kürzlich aufgelegt wurde. „Davor hat man auch auf den Anleihemärkten extreme Verunsicherung gesehen.“ Abzulesen war das daran, dass die Renditen (Anleihezinsen im Verhältnis zum Kurs) in die Höhe schossen. Sprich: Staaten müssen für neue Schulden höhere Zinsen zahlen. Jetzt sind die Renditen wieder gesunken. Die nächste österreichische Anleihe wird es in eineinhalb Wochen geben.

Tiefer Fall

Wie viel sich Österreich heuer ausborgen muss, ist noch offen. Fix ist jedoch, dass auch hier die Wirtschaft gerade in ein tiefes Loch fällt. „In der Wirtschaftskrise 2008/09 ist der Welthandel um 20 Prozent eingebrochen, jetzt wahrscheinlich um 30 Prozent“, sagt Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI, ebenfalls im Homeoffice). „Das ist der größte Schock seit dem Zweiten Weltkrieg.“ Wenn die Corona-Maßnahmen im zweiten Quartal schrittweise zurückgenommen werden können, werde es im Anschluss aber auch zu einer Konjunkturerholung kommen.

Nicht alles ist allerdings aufzuholen. Zwei Mal am Tag zum Friseur, weil man wochenlang nicht konnte – das wird es nicht spielen. Genauso wenig kann der verpasste Osterurlaub nachgeholt werden. Dienstleister und Tourismus zählen heuer zu den großen Verlierern.

Unterm Strich erwartet Brezinschek, dass die heimische Wirtschaftsleistung heuer um 4,5 Prozent schrumpfen wird. „Und das ist ein moderates Szenario, es könnte auch schlimmer sein.“ Die Annahmen dabei: Der Infektionsverlauf entspricht etwa jenem in China, dauert aber etwas länger (drei bis vier Monate). Voraussetzung dafür, dass es „nur“ ein Minus von 4,5 Prozent wird: Die jetzt stillgelegten Teile der Wirtschaft müssen in wenigen Wochen wieder ins Laufen kommen. Christine Klafl

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