Staat kassiert bei Sprit rekordverdächtig mit

Je tiefer der Spritpreis, desto ärger fällt die Steuer ins Gewicht.
Treibstoffe wurden viel billiger, das Finanzamt kassiert bei Super aber schon 62,5 Prozent.

Ein Produkt, auf dem 60 Prozent und mehr Steuern drauf sind? Gibt es nicht, schon gar nicht in Österreich, könnte man meinen. Weit gefehlt: Wer tankt, muss diese Steuerlast stemmen. Bei einem durchschnittlichen Preis für einen Liter Super von 1,051 Euro (Stand 18. Jänner, siehe Grafik) zapft der Staat laut ÖAMTC 65,7 Cent an Mineralöl- und Mehrwertsteuer ab. Das macht einen Steueranteil von 62,5 Prozent. Je tiefer der Spritpreis, desto ärger fällt die Steuer ins Gewicht: Weil die Mineralölsteuer kein prozentueller Anteil, sondern eine Fixgröße ist. Überspitzt formuliert heißt das: Selbst wenn der nackte Sprit gar nichts mehr kostet, müssen fix 48,2 Cent je Liter Super (39,7 Cent bei Diesel) geblecht werden. Und obendrauf kommt noch die Mehrwertsteuer.

Staat kassiert bei Sprit rekordverdächtig mit
Dass die Autofahrer angesichts dieser Werte nicht Protestparaden vor dem Finanzministerium bilden und Hupkonzerte veranstalten, hat vor allem damit zu tun, dass Treibstoffe insgesamt vergleichsweise günstig sind. Im Vorjahr ist Diesel um 13,7 Prozent, Superbenzin um 10,9 Prozent billiger geworden. In den ersten Jänner-Tagen ging es mit den Spritpreisen weiter nach unten. Jedoch nicht genug, flammt immer wieder Kritik auf. Rohöl sei aktuell immerhin um rund 40 Prozent billiger als vor einem Jahr. Angesichts der Steuerbelastung bei Treibstoffen kann das Körberlgeld der Tankstellenbetreiber keinesfalls schwer wiegen. Sie müssen schließlich auch Fixkosten (etwa für Transport oder Personal) abdecken. "Dass die Tankstellen nicht genug gesenkt haben, ist auch gar nicht so sehr der Vorwurf. Der Vorwurf ist, dass es zu langsam geht", sagt Martin Grasslober, Verkehrswirtschaftsexperte des ÖAMTC. Fallen die Ölpreise, kämen die Preissenkungen bei den Zapfsäulen sehr zögerlich. "Bei steigenden Ölpreisen geht es flotter." Wie sich die Kosten zusammensetzen, gebe die Mineralölwirtschaft nicht bekannt.

Preisdämpfer

Trotz aller Kritik: Den günstigeren Treibstoffen sowie dem Heizöl ist es zu danken, dass die durchschnittliche Inflationsrate im Vorjahr nur 0,9 Prozent ausmachte (der KURIER berichtete). Rechnet man diese Posten aus dem allgemeinen Warenkorb heraus, hätte die Teuerungsrate im Vorjahr 1,5 Prozent betragen. Laut Statistik Austria sind die Spritpreise in Österreich im Jahresverlauf viel deutlicher gesunken als in Deutschland oder im Durchschnitt der Eurozone.

Staat kassiert bei Sprit rekordverdächtig mit

Preistreiber

Erneut schmerzlich angestiegen sind die Mieten (um 4,4 Prozent). Das habe auch damit zu tun, dass viele Mieten "indexiert" sind, also um die Inflationsrate steigen, sagt Konrad Pesendorfer, Chef der Statistik Austria. Weit offen war auch die öffentliche Hand: Sie kassierte in Form von Tarifen und Gebühren – etwa für Wasser, Kanal, Pflegeheime oder Rezepte – um 2,5 Prozent mehr. Hausgemacht wie diese administrierten Preise sind auch die Teuerungen in der Gastronomie. Die Wirte reagierten auf höhere Behörden-Auflagen mit höheren Preisen.

Zu den Warenkörben, die die Statistik Austria berechnet, zählt unter anderem der Mini-Warenkorb. Er bildet einen Wocheneinkauf samt Kinobesuch, Lottospielen und Tanken ab. All das war im Vorjahr um durchschnittlich 1,3 Prozent günstiger als im Jahr davor. Hier schlugen die billigeren Treibstoffe spürbar durch. Nicht enthalten ist Sprit im Mikro-Warenkorb, der den täglichen Einkauf simuliert. Dieser wurde um 1,1 Prozent teurer.

In der Regel halten sich die Einkaufsgewohnheiten aber nicht an den Durchschnitt, die ganz persönliche Inflation kann ganz anders ausschauen. Auf der Homepage der Statistik Austria kann diese berechnet werden.

Höhere Mieten

Die Statistiker haben zumindest einige Einkommensklassen auf ihre persönliche Teuerung durchgetestet. Beim untersten Einkommens-Zehntel hätte die persönliche Inflationsrate rund 1,2 Prozent ausgemacht. Die Begründung: Von kleinen Einkommen geht verhältnismäßig viel für die Miete drauf – und die ist im Durchschnitt um 4,4 Prozent gestiegen. Ungerecht, aber wahr: Das oberste Einkommens-Zehntel wäre auf eine Mini-Inflation von gerade einmal 0,3 Prozent gekommen. Weil die Mieten hier nicht so ins Gewicht fallen.

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