Berndorf-Aufsichtsratschefin: "Zweiter Lockdown wäre eine Katastrophe"
KURIER: Sie sind seit 1. März Aufsichtsratschefin der Berndorf AG. Da brach hierzulande gerade Corona aus.
Sonja Zimmermann: Das war ein seltsames Gefühl. Aber die Situation war dann rasch so, dass man eigentlich keine Zeit hatte, darüber groß nachzudenken.
Wie managen Sie und ihre Vorstände den Konzern jetzt?
Es ist ein Fahren auf Sicht. Die Umstände ändern sich im Wochentakt. Noch dazu, wenn man wie wir weltweit aktiv ist.
Blicken wir nach China, wo Ihr Konzern ja auch tätig ist. Stimmt es, dass die Wirtschaft dort wieder voll läuft?
Drei unserer Tochterfirmen haben dort einen Produktionsstandort. Und es scheint wieder gut zu laufen. Auch in der Automobilbranche. Viele Chinesen kaufen jetzt ein Auto, weil die Menschen wegen Corona die öffentlichen Verkehrsmittel meiden.
Die Industriellenvereinigung sagt, dass die Krise zeitverzögert auch den Investitionsgüterbereich voll treffen wird.
Das dicke Ende kommt da erst. Was jetzt die Gastronomen und Touristiker erleben, steht auch der Industrie bevor. Wenn die Kaufkraft sinkt, wird weniger verkauft und schlussendlich wird weniger produziert werden.
Bisher wird bei Berndorf aber noch voll produziert?
Ja. Die Laufzeit der Aufträge beträgt oft – etwa im Anlagenbau – drei Monate bis zu ein Jahr. Wir sind gut ins neue Jahr gestartet. Unsere Auftragsbücher waren voll.
Wie sieht es jetzt mit neuen Aufträgen aus?
Wir sind in sehr unterschiedlichen Branchen tätig. 98 Prozent unserer Produkte gehen ins Ausland. Einige Bereiche spüren fast keine Einbrüche, andere schon. In Summe kann ich aber sagen: Wir werden diese Krise gut meistern.
Also wird es auch in der Zukunft wieder gut laufen?
Natürlich. Aber ich gehe davon aus, dass es noch länger schwierig bleibt. Auch nächstes Jahr.
Ein zweiter Lockdown...
...wäre eine Katastrophe. Das könnte sich keine Volkswirtschaft mehr leisten. Außer man will sich zu Tode schrumpfen. Ich hoffe jedenfalls, man hat hier gelernt und bekommt das Problem mit regionalen Gegenmaßnahmen in den Griff.
War der Lockdown überhaupt notwendig?
Das kann man wohl erst in ein, zwei Jahren beurteilen. Ich habe den Lockdown zuerst für unnötig gehalten. Jetzt denke ich, dass er in der ersten Zeit notwendig war, um Schlimmes zu verhindern. Auch, wenn ich mich frage, ob der schwedische Weg nicht eine Alternative gewesen wäre. Was ich jetzt nicht verstehe, ist die Relation. Jährlich sterben drei Millionen Kinder unter fünf Jahren an Hunger. Von denen spricht niemand. Durch die Folgen der Lockdowns werden in der Dritten Welt übrigens sehr viel mehr Menschen an Hunger sterben als jetzt.
Wird es in der Berndorf-Gruppe Kündigungen geben?
Im Automotive-Bereich gab es schon im Vorjahr Einsparungen. Und angesichts der größten Wirtschaftskrise seit 90 Jahren kann ich weitere Einsparungen nicht ausschließen.
Wie lange wird es dauern, bis Berndorf wieder auf Vorkrisenniveau ist? Nach derzeitigem Stand werden wir erst 2022 wieder dort sein, wo wir vor Corona waren. Das betrifft nicht nur uns, sondern die Wirtschaft insgesamt.
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