„Sekt hat zunehmend ein Imageproblem“

„Sekt hat zunehmend ein Imageproblem“
Österreichs Weinwerber haben 2012 viel vor: Beim Sekt soll eine Premium-Strategie her, beim Spritzer mehr Ehrlichkeit, beim Export neue Rekorde.

Vor 25 Jahren erschütterte der Weinskandal das Land. Die damals eilig gegründete Österreichische Weinmarketing (ÖWM) hatte hart zu kämpfen, das ramponierte Image Österreichs als Weinland im Ausland wieder herzustellen. Heute darf ÖWM-Geschäftsführer Willi Klinger die Früchte der Bemühungen ernten – und Rekordexporte präsentieren. Im Interview spricht Klinger über ausländischen Billigwein, Trinkfreuden trotz Krise und einer Qualitätsoffensive bei Sekt.

KURIER: Herr Klinger, Sekt ist zu Silvester in aller Munde. Stoßen Sie persönlich lieber mit gutem Wein an?

Willi Klinger: Zum guten Essen vor Mitternacht gehört ein guter Wein. Aber um Mitternacht muss irgendwas „Plopp“ machen.

Sekt finden Sie schon ab einem Euro im Supermarkt. Stört Sie die Preisschleuderei?

Zu diesem Preis geht es sich einfach nicht aus, dass man einen ordentlichen Grundwein verarbeitet. Der Sekt hat zunehmend ein Imageproblem, weil so geschleudert wird. Wir haben in Österreich sehr gute Produkte, von Szigeti, Bründlmayer, Steininger bis hin zu den Premium-Schlumbergers, aber es fehlt ein Qualitäts-Siegel.

Sie meinen so etwas wie die Bezeichnung Champagner?

Ja, was fehlt ist eine direkte Zuordnung von Sekt zu einem Gebiet. In Österreich hat jeder Hersteller eine andere Traubenherkunft, vom Burgenland über das Weinviertel bis ins Kamptal. Wir prüfen gerade, ob man da ein Gebiet definieren kann. Zudem haben die Sekterzeuger vor, ein Qualitätsregelwerk zu erstellen, damit Premium-Sekt künftig leichter erkennbar ist.

Sprechen wir über Weißwein. Wie hat sich die geringe Ernte im Vorjahr auf die Marktanteile ausgewirkt?

Wir haben im Supermarkt bis Oktober zehn Prozent Marktanteil verloren, aber dabei sechs Prozent mehr Umsatz gemacht. Das heißt, bei den Billigweinen um 1,49 Euro ist hauptsächlich ausländischer Wein drinnen. Aber die Konsumenten wissen das zunehmend und greifen auch in Supermärkten zu Winzerweinen zwischen fünf und zehn Euro. Die Leute trinken heute generell weniger, aber besser. Den Dopplerkunden gibt es zwar auch noch, aber kaum jemand will Doppler liefern.

Vor 25 Jahren hat der Weinskandal den Ruf kräftig ruiniert, der Export brach danach von 47,8 Millionen Liter auf 4,2 Millionen ein. Wo stehen wir heute?

Nach 62 Millionen Liter 2010 werden wir aufgrund der geringen Ernte im Vorjahr 2011 nur um die 46 Millionen Liter Wein exportieren. Für uns erfreulich ist aber, dass wir mit geschätzten 126 Millionen Euro trotzdem einen Rekord erwirtschaften konnten. Das heißt, wir konnten zum ersten Mal einen durchschnittlichen Flaschenpreis von drei Euro durchsetzen. Die Wertschöpfung ist gestiegen.

Die Weinernte 2010 war doch ziemlich gering, Exporteinbrüche wurden prognostiziert …

Wir haben 2010 gezeigt, dass wir auch ohne großen Export von billigem Fasswein ins Ausland leben können. Früher ging viel im Tankzug um 30 Cent nach Deutschland, wo Supermarkt-Marken gefüllt wurden. Wir werden künftig immer mehr Flaschen verkaufen, und ich hoffe, dass wir in fünf Jahren rund 200 Millionen Euro Exportumsatz machen.

Wie soll das erreicht werden und wo sind die Schwerpunkte beim Export?

Wir wollen auf unserem Hauptmarkt Deutschland das Qualitätssegment weiter ausbauen. Intensiver wollen wir auch die Märkte in der Schweiz, den USA, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien bearbeiten. Dort gibt es noch genug Luft nach oben. Wir haben in Österreich sehr viele gute Winzer, die sich schon ein wenig auf die Zehen steigen. Es können nicht alle in das Sortiment der Tiroler Weinhändler kommen. Daher können wir nicht ignorieren, wenn im Ausland neue Märkte entstehen. Was wir brauchen, wären aber ein paar Global Player wie Lenz Moser oder Winzer Krems, die international ein Begriff sein können.

Im Ausland hat die ÖWM in 25 Jahren den Ruf als Weinland also wieder repariert. Was sind die nächsten Arbeitsschwerpunkte hierzulande?

Die Konsumenten sind durch den Weinskandal erzogen worden, kritischer zu fragen. Wir wollen das nützen. Noch wichtiger als Qualität ist die Wahrheit: Wir wollen 2012 eine entsprechende Initiative starten. Die Winzer sollen z. B. ihre Etiketten in Ordnung bringen. Ich will, dass vorne draufsteht, wo der Wein herkommt. Der Konsument will auch in seinem G’spritzten keinen Wein aus Italien. Und wir fordern von den Gemeinden eine klare Definition der Weingarten-Lagen, damit mehr Klarheit bei den Top-Weinen herrscht

Fürchten Sie, dass die Menschen in der Krise auf ihr Achterl Wein verzichten?

Bei Wein sind wir nach allen Erkenntnissen krisenfest. Da geht es um Fernreisen oder den Autokauf. Es kann sein, dass sich der Weingenuss vorübergehend etwas von der Gastronomie Richtung Heimkonsum verlagert. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir nächstes Jahr mit dem heurigen tollen Jahrgang alle Rekorde brechen werden.

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