Schlumberger-Chef Florian Czink: "Der Standort Österreich ist ein teurer“

Seit Anfang Oktober ist Florian Czink der alleinige Geschäftsführer der Sektkellerei Schlumberger. In seinem ersten Gespräch mit dem KURIER erzählt er vom großen Investment der Sektkellerei in einen neuen Produktionsstandort und warum Österreich für Unternehmer und Konsumenten teuer ist.
KURIER: Als Sie die Leitung von Schlumberger übernommen haben, haben Sie von „aktuell wirtschaftlich sehr herausfordernden Zeiten“ gesprochen. Welche Herausforderungen meinten Sie?
Florian Czink: Einerseits haben wir eine rückläufige Marktsituation. Und zu den sinkenden Umsätzen kommen steigende Kosten wegen der Inflation und wegen der Kollektivvertragserhöhungen. Der Wirtschaftsstandort Österreich ist ein teurer. Das spüren immer mehr Firmen. Es ist ein Teufelskreis. Wenn die Löhne steigen, muss man die gestiegenen Kosten weitergeben, aber der Konsument ist immer weniger bereit dazu, das auch zu bezahlen. Da brennt wirklich der Hut. Die Politik ist gefragt. Das betrifft viele Unternehmen und wir wollen ja nicht, dass die in günstigere Länder abwandern.
Ist es denkbar, dass Schlumberger abwandert?
Nein, wir bei Schlumberger bekennen uns seit langem zum Standort Österreich und haben das erst in diesem Jahr wieder unter Beweis gestellt als wir unsere neue Produktionsanlage in Müllendorf im Burgenland eröffnet haben.
Welche Folgen hatte dieses Investment in den neuen Produktionsstandort für Ihr Unternehmen?
Unsere Mitarbeiter konnten wir zu einem großen Teil mitnehmen, deshalb ist die Zahl der Beschäftigten stabil geblieben. Die finanzielle Belastung durch das Investment spüren wir aber aktuell sehr stark. Das liegt auch an den gestiegenen Zinsen für die Kredite.
Zuletzt haben sich Negativmeldungen gemehrt. Aber wie steht das Land als Wirtschaftsstandort wirklich da? Mit welchen Herausforderungen haben Firmen zu kämpfen und welche Lösungsvorschläge haben sie? In Interviews mit heimischen Unternehmerinnen und Unternehmern beleuchtet der KURIER die Lage. Am Sonntag stand Post-Chef Walter Oblin und Remus-Chef Stephan Zöchling Rede und Antwort, am Dienstag folgte der Quantenphysiker Rupert Ursin.
KURIER-Leser sind gefragt!
Haben Sie Vorschläge, wie der Wirtschaftsstandort Österreich wieder zu alter Stärke zurückfinden kann? Dann mailen Sie an
standortoesterreich@kurier.at. Wir sammeln die besten Ideen und werden sie mit den Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft erörtern.

Florian Czink im Gespräch mit KURIER-Redakteurin Marlene Liebhart
Wieso haben Sie sich trotz der hohen Kosten dazu entschieden, in Österreich zu investieren?
Österreich liegt in unserer Firmen-DNA. Wir werden immer mit österreichischen Trauben arbeiten. Der Konsument erwartet das auch. Deswegen war die Entscheidung auch nur, ob wir am bestehenden Standort in Wien oder an einem völlig neuen Standort, wie eben im Burgenland, investieren. Ins Ausland abzuwandern, stand nicht im Raum.
Wenn Sie jetzt ein Unternehmen gründen würden, würden Sie es dann in Österreich gründen?
Das ist immer die Frage, wo wird gegründet und wo möchte man gerne sein. Die meisten Unternehmer möchten in Österreich leben. Viele Backoffice-Tätigkeiten kann man zur Kostenersparnis auslagern, zum Beispiel nach Ungarn. Aber das kommt für uns nicht infrage. Das wäre ein Bruch mit der Tradition der letzten 185 Jahre. Aber bevor wir in eine wirtschaftliche Schieflage kommen würden, müssten wir natürlich alle Möglichkeiten abwägen.
Braucht es mehr staatliche Eingriffe, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern?
Für uns sind die Lebensmittelpreise ein Thema. Weil die Regalpreise in Österreich zu hoch sind, kaufen Konsumenten hier fast nur in Aktion ein. Diese Aktionen sind teuer für die Industrie. In anderen Ländern gibt es strengere Einschränkungen für Rabatte. Das wäre in Österreich auch möglich, aber ich bin nicht sicher, ob stärkere Regulierung das Problem lösen würde. Eigentlich sollte der sich der Markt dahin gehend stabilisieren, aber Österreich ist insgesamt sehr hochpreisig. Wir produzieren im internationalen Vergleich ein geringes Volumen. Gleichzeitig hat der Handel hohe Margen wegen der hohen Dichte an Supermärkten.
Es war bisher ein bewegtes Jahr für Schlumberger. So wurde etwa die neue Produktionsstätte im burgenländischen Müllendorf fertiggestellt.
Der Bau dauerte rund zwei Jahre und kostete einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Im Sommer gingen die ersten Flaschen vom Band.
Der bisherige Firmensitz in Wien Döbling bleibt bestehen, trägt aber seither nur noch einen kleinen Teil zur Produktion bei.
Stattdessen soll in Zukunft das Besucherzentrum, das aktuell aus einer Bar, einer Kellerführung und einem Escape-Room besteht, ausgebaut werden, um die Marke zu stärken.
Auch in der Schlumberger-Führung gab es 2025 bereits große Änderungen. So verließ Geschäftsführer Eugen Lamprecht Schlumberger, „auf eigenen Wunsch, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu widmen“, wie das Unternehmen mitteilte.
Er hatte sich die Geschäftsführung seit Februar 2024 mit Florian Czink und Stephan Dubach geteilt. Seit 1. Oktober ist Florian Czink der alleinige CEO von Schlumberger.
Der 45-Jährige ist bereits seit mehr als 20 Jahren in leitenden Funktionen im Unternehmen tätig. Zuletzt verantwortete er als Marketing-Leiter und CO-Geschäftsführer der Vertriebstochter die Markenführung von Schlumberger, Hochriegl, Goldeck und Mozart.
Was würden Sie sich von der Politik wünschen?
Ich würde mir von der Politik wünschen, dass sie die heimischen Unternehmen noch stärker unterstützt. Österreichische Betriebe leisten tagtäglich einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung und sichern Tausende Arbeitsplätze. Zudem stehen wir nicht zuletzt bei Schaumwein in einem internationalen Wettbewerb, in dem uns hohe Lohnnebenkosten zunehmend belasten. Ein mutiges „Anpacken„ seitens der Regierung, um uns Unternehmen aus einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu helfen würde diese Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Wie patriotisch sind die österreichischen Konsumenten beim Einkauf?
Wir haben einen großen Patriotismus bei unseren landwirtschaftlichen Produkten und unserem Wein. Beim Wein greift der Großteil der Konsumenten zu österreichische Flaschen. Beim Schaumwein ist es genau andersrum. Weil der Käufer auch nicht weiß, dass bestimmte Produkte aus Deutschland kommen bzw. sich nichts Böses dabei denkt, wenn er einen italienischen Prosecco kauft. Wir wollen beim Schaumwein dasselbe Bewusstsein schaffen wie beim Wein.
Wie kann das gelingen?
Dafür brauchen wir alle Marktteilnehmer, von Industrie, Handel, Gastro aber auch Endkonsumenten. Wer zu unseren Produkten greift, sorgt für heimische Wertschöpfung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Wir können mit den Budgets der internationalen Konzerne nicht mithalten. Deswegen gibt es in Österreich auch kaum mehr Sektproduzenten in unserer Größe.

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