Schlecker: Linzer Masseverwalter fordert bis zu 172 Millionen Euro zurück

Im Insolvenzverfahren der Schlecker-Österreich Nachfolgekette dayli wurde eine brisante Klage eingebracht. Die Familie Schlecker soll Millionen "als Darlehen" von Schlecker Österreich abgezogen haben.

Dieser Strafprozess wird in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Erstmals steht mit Anton und Christa, Meike und Lars Schlecker ein ganze Unternehmerfamilie vor einem deutschen Gericht (siehe Zusatzbericht Der Prozess unten). Der Fall spielt auch tief nach Österreich herein. Im Juli 2013 ist das Nachfolgeunternehmen von Schlecker Österreich, die Drogeriekette dayli, um Rudolf Haberleitner nach einem Jahr mit Bomben und Granaten in die Pleite geschlittert. 2200 Jobs wurden vernichtet. Das Linzer Insolvenzverwalter-Team um Rudolf Mitterlehner und Erhard Hackl ist bei der Aufarbeitung der Schlecker-Geschäfte in Österreich auf brisante Vorgänge gestoßen.

Dicke Klage

Schlecker: Linzer Masseverwalter fordert bis zu 172 Millionen Euro zurück
Am 20. Jänner 2017 hat Mitterlehner eine 20 Millionen Euro schwere Klage gegen Christa Schlecker und ihre beiden Kinder Meike und Lars beim Landesgericht Linz eingebracht. Der mutmaßliche Schaden wird aber auf bis zu 172 Millionen Euro geschätzt. Aufgrund der hohen Gerichtsgebühren (1,2 Prozent des Streitwerts) hat man sich eine Ausdehnung der Klage auf die volle Summe vorbehalten. Die Masseverwalter gehen laut Insidern davon aus, dass die Familie Schlecker noch über ein beträchtliches Vermögen verfügt. Das belegt auch ein Bericht des deutschen NachrichtenmagazinsDer Spiegel.

Ob die Linzer dayli-Masseverwalter die Forderungen gegen die Familie Schlecker tatsächlich einbringlich machen können, wird sich zeigen.

Heftige Vorwürfe

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Laut der Klage sollen die Ehefrau Christa und die beiden Kinder Anton Schlecker und einem weiteren Schlecker-Unternehmen ("Ihr Platz") in den Jahren 2008 bis 2011 "gesetzwidrig und schuldhaft existenzbedrohende Kredite" gewährt, aber nicht für die Rückführung dieser Darlehen gesorgt haben. Oder anders gesagt: Von Schlecker Österreich sollen unrechtmäßig Gewinne in Form von Darlehen nach Deutschland geflossen sein, aber nicht zurückgezahlt worden sein. Der Vorwurf lautet auf "verbotene Einlagenrückgewähr". Die Klage wird durch ein Sachverständigengutachten untermauert.

Die Masseverwalter mussten laut Insidern handeln, weil für sie bisher nicht absehbar war, ob diese Vorwürfe im deutschen Strafverfahren auch behandelt werden. Doch im deutschen Prozess geht es auch um fragwürdige Gewinnverschiebungen und -ausschüttungen.

Vorwürfe bestritten

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Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe von der Familie Schlecker zurückgewiesen. Indes wurden im dayli-Konkursverfahren bisher 8394 Forderungen in Höhe von fast 197 Millionen Euro angemeldet, 102 Millionen Euro wurden anerkannt. Da Mitterlehner 23,51 Millionen Euro im Massetopf hat, dürfte die Gläubigerquote ganz ordentlich ausfallen. So soll im April eine Teilquote von zehn Prozent ausgeschüttet werden. Am 31. März soll diese in einer Tagsatzung beschlossen werden.

Doch es sind noch nicht alle Forderungen geklärt. So hat die italienische Finanz – Schlecker Italien gehörte zu Schlecker Österreich – ursprünglich mehr als 60 Millionen Euro Steuerforderungen geltend gemacht. Hier wurde zwecks Reduzierung kräftig nachverhandelt.

Anklage in Italien

Schlecker: Linzer Masseverwalter fordert bis zu 172 Millionen Euro zurück
epa03491467 A photo made available 30 November 2012 shows Rudolf Haberleitner, chief of 'TAP 09', speaking during an interview with the Austrian Press Agency APA, in Vienna, Austira, 02 August 2012. The Investment company TAP 09 and investor Haberleitner are the new owners of Schlecker-Austria. EPA/HERBERT NEUBAUER
Laut Aktenlage hat Ex-dayli-Chef Rudolf Haberleitner in Italien massiven Ärger. Wegen einer Zahlung in Höhe von 1,5 Millionen Euro hat die Justiz in Udine, das Tribunale Udine, Anklage gegen ihn, den Ex-Geschäftsführer von dayli Italien und einen Rechnungsprüfer erhoben. Dem Vernehmen nach bestreiten Haberleitner und die zwei weiteren Verdächtigen die Vorwürfe.

Indes sind Haberleitner & Co. Ende Juni 2013, zwei Wochen vor der Pleite, Opfer des italienischen Betrüger Franco S. alias "Ranieri" und seiner Bande geworden. S. sagte in einem Hotel in Udine zu, dass er 25 Millionen Euro in dayli investieren wolle, wollte aber zuvor von Haberleitner eine Million Euro als "Sondertilgung".

Räuber verurteilt

Letztendlich krallten sich die Kriminellen die Geldkuverts und flüchteten damit in einem Pkw. Franco S. wurde später gefasst, legte ein Geständnis ab und wurde zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Außerdem muss man wissen, dass Barzahlungen höher als 1000 Euro nach dem italienischen Anti-Geldwäschegesetz verboten sind.

Rechtsstreit mit Masseverwalter

Im Zusammenhang mit der "verschwundenen Million" gibt es auch eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen Haberleitner und dem Masseverwalter. Haberleitner hat die Bestellung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen bekämpft, doch ist damit abgeblitzt. Zugleich hat er laut Aktenlage die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Masseverwalter Zugriff auf den Verwertungserlös einer Liegenschaft Haberleitners haben soll. Der Masseverwalter will den Verkaufserlös für die Gläubiger "treuhändig sichern".

Ermittlungen abgeschlossen

Die "verschwundene Million" brachte Haberleitner und einer zweiten Person auch ein Ermittlungsverfahren bei der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein. Sie hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Gläubigerbeeinträchtigung bereits abgeschlossen. Haberleitner wies in früheren Stellungnahmen gegenüber dem KURIER alle Vorwürfe zurück. Ob angeklagt oder eingestellt wird, ist noch offen. Der zuständige Staatsanwalt soll noch in Karenz sein.

Der Prozess in Deutschland

Luxusreisen für die Kinder im Wert von 60.000 Euro, 800.000-Euro-Geschenke an die Enkelkinder, eine Wohnungsrenovierung um eine Million Euro. Anton Schlecker, einst Firmenpatriarch und Herr über die größte deutsche Drogeriemarktkette mit 25.000 Beschäftigten, war wirklich großzügig. Zumindest zu den Seinen. Das Problem dabei: In 36 Fällen soll Schlecker Vermögenswerte beiseite geschafft haben, die eigentlich in die Insolvenzmasse gehört hätten.

Schlecker: Linzer Masseverwalter fordert bis zu 172 Millionen Euro zurück

Zur Erinnerung: Im Jänner 2012 hatte das Schlecker-Reich Insolvenz angemeldet. Viel zu spät, lautet einer der Vorwürfe. Ein weiterer, dass Schlecker insgesamt 26 Millionen Euro an der Insolvenzmasse „vorbeigeschummelt“ hat. 16 Millionen davon entfallen auf überteuerte Verträge zwischen Anton Schlecker und dem Logistikunternehmen LDG, das seinen Kindern Meike und Lars gehörte.

Ab heute, Montag, läuft in Schleckers Heimatstadt Ehingen der entsprechende Strafprozess. Die Vorwürfe: Vorsätzlicher Bankrott, Beihilfe zum Bankrott, Untreue und Insolvenzverschleppung. Die Anklageschrift umfasst 270 Seiten. Das zeigt, wie kompliziert der Fall ist. Das Landgericht hat sich darauf eingestellt: Bis Oktober sind 26 Verhandlungstermine angesetzt.

Welche Leistung

Das zentrale Thema im Gefecht der Gutachter von Anklage und Verteidigung: Welche Leistungen innerhalb der Schlecker-Familie und der Gesellschaft der Kinder wurden angemessen entlohnt? Und hat es sich tatsächlich um echte Dienstleistungen oder nur um Scheinverträge gehandelt?

Angeklagt sind neben Anton Schlecker, seiner Frau Christa und den beiden Kindern auch zwei Wirtschaftsprüfer. Ganz abgesehen von diesem Prozess läuft das Insolvenzverfahren weiter – das Ende ist erst in Jahren zu erwarten.

Nicht versteuert

Nach Informationen des Spiegel müssen sich die Schleckers auch mit schweren Vorwürfen der Finanz auseinandersetzen. Das Finanzamt Ehingen fordert von Lars und Meike mehr als 17 Millionen Euro an Steuernachzahlung. Sie hätten insgesamt 68 Millionen Euro Forderungen an ihren Vater abgeschrieben. Die Finanzbeamten würden dies aber nicht als echten Kredit an den Vater, sondern als Griff in die Kasse durch die Kinder sehen. ck

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