Wie sich ein österreichisches Start-up in den USA neu erfunden hat

Einst galt Robo Wunderkind als österreichisches Vorzeige-Start-up. Das Unternehmen, das Schulkindern mithilfe von Robotern spielerisch das Programmieren beibrachte, heimste auch international zahlreiche Auszeichnungen ein. Dennoch schlitterte das 2015 von der gebürtigen Ukrainerin Anna Iarotska in Wien gegründete Unternehmen vor drei Jahren in die Pleite.
"Das Geschäftsmodell hat nicht funktioniert", sagt Iarotska zum KURIER. Aber auch die Coronapandemie habe eine Rolle gespielt. Gemeinsam mit Investoren kaufte sie die geistigen Eigentumsrechte aus der Konkursmasse heraus und gründete ihr Start-up in den USA neu.
Abo-Modell für Schulen
Heute ist Robo Wunderkind wieder gut im Geschäft. Statt Roboterbaukästen an private Kunden zu verkaufen, werden Lernsets samt Roboter und Trainingseinheiten für Schulen im Abo angeboten. "Wir haben auch ein Team, das bei der Ausbildung von Lehrern und bei der Implementierung der Lehrpläne in den Unterricht unterstützt", erzählt Iarotska.
Rund 130 Bildungseinrichtungen in den USA zählten im vergangenen Jahr zu den Kunden des Start-ups. Heuer sollen es 200 werden.
"Offener für Innovationen"
Warum wurde in den USA neu gegründet und nicht in Österreich? Für das neue Abo-Modell des Start-ups habe man das Potenzial primär in den Vereinigten Staaten gesehen, sagt Iarotska. In Österreich würden Budgets der Schulen weitgehend zentral verteilt. Schulen hätten wenig Mitspracherechte. "In des USA werden Mittel flexibler vergeben. Die Schulen sind viel offener, wenn es darum geht, neue Produkte auszuprobieren."

Robo-Wunderkind-Gründerin Anna Iarotska.
Aber auch hierzulande werden die in Asien produzierten Roboterbaukästen ebenso wie in zahlreichen anderen Ländern weiterhin angeboten. Dazu ist man eine Partnerschaft mit dem tschechischen Unternehmen Moravia Consulting eingegangen, von dem man Lizenzgebühren bekommt. Der Anteil des Geschäfts außerhalb der USA am Gesamtumsatz liege bei unter 10 Prozent, sagt Iarotska.
Weniger Bürokratie und geringere Kosten
Wie unterscheidet sich das Gründen in den USA vom Start eines Unternehmens in Österreich? "Sehr", sagt Iarotska. In den USA gebe es viel weniger Bürokratie. Das beginne beim Gründen und gehe bis zu Investorenrunden und zur Buchhaltung: "Es ist alles viel einfacher zu erledigen und kostet um einiges weniger Geld."
Eine mit österreichischen Förderungen vergleichbare Förderlandschaft gebe es in den Vereinigten Staaten zwar nicht, sagt die Gründerin: "Dafür gibt es viel mehr Investoren, die viel schneller auf Veränderungen reagieren."
Der Hauptinvestor, wie Wiener Kerbler Holding, ist dem Start-up bei der Neugründung in den USA erhalten geblieben. Neue Geldgeber kamen dazu. Zwei Mitarbeiter stiegen zu Mitgründern auf. Derzeit zählt Robo Wunderkind zwischen acht und zehn Mitarbeiter, die vorwiegend "remote" arbeiten, wie die Gründerin erzählt. Das Gros der Kunden befindet sich an der Ostküste, in North Carolina, South Carolina, Virgina, Maryland und New York.

Kinder lernen mit selbstgebauten Robotern programmieren.
Künstliche Intelligenz verstehen
Seinen Roboterbaukasten und die darauf abgestimmten Lernsets hat das Team weiterentwickelt. Mittlerweile wurden zwei neue Produktgenerationen entwickelt. Heuer wurde der Lehrplan um die Vermittlung von Basiskenntnissen über Künstliche Intelligenz (KI) erweitert. "Es geht um Lerninhalte, aber auch um praktische Erfahrung", erzählt Iarotska.
Kinder können mithilfe von Sensoren selbst neuronale Netzwerke trainieren und den Robotern Begriffe wie "Hell", "Dunkel" oder "Dämmerung" beibringen, um sie danach zum Programmieren der Bots zu verwenden. Sie könnten so ein Verständnis dafür entwickeln, wie KI funktioniere und wofür man sie verwenden kann, sagt Iarotsa.
Instabilität durch Trump
Wie hat sich die Trump-Administration auf die Geschäfte des Start-ups ausgewirkt?. Trump habe sehr viel Instabilität in das US-Bildungssystem gebracht, sagt Iarotska. "Aber es bleibt ein riesiger Markt mit großen Budgets."
Hat sie nach dem Konkurs auch ans Aufgeben gedacht? Das sei immer ein Option, sagt Iarotska: "Aber wir haben das Potenzial weiterhin gesehen."
Tipps für Gründerinnen und Gründer
Was rät sie jungen Leuten, die ein Unternehmen gründen wollen? Man sollte sich überlegen, wo man langfristig Potenzial für das Geschäftsmodell sehe und sich dementsprechend entscheiden, wo man gründet, empfiehlt Iarotska. Und: "Geschäftsmodelle, die nicht funktionieren, sollte man schnell aufgeben."
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