Riskantes Kitzbühel: Kapitale Stürze nicht ausgeschlossen

Kitzbüheler Anlage-Firma sorgt für Aufregung
Fragwürdige Investment-Firma verspricht sehr hohe Zinsen mit Beteiligungen an Start-up-Firmen. Wie sie aber diese hohe Rendite genau erzielen will, bleibt ein Geschäftsgeheimnis.

In Kitzbühel ist dieses Wochenende die Hölle los. Reich und Schön trifft sich am Fuße des Hahnenkamms zur Party rund um das gefährlichste Ski-Rennen der Welt – der Abfahrt auf der Streif. Kapitale Stürze sind dabei keine Seltenheit. Die Streif dürfte für die Gründer der Kitzbüheler Risikokapital-Firma KitzVenture Pate gestanden sein. Das Unternehmen um den Deutschen Olaf Wittbrodt will bei Anlegern bis zu 4,995 Millionen Euro in Form von nachrangigen Darlehen einsammeln. Das sind sozusagen "unbesicherte Kredite". Die Gelder sollen vor allem in Start-up-Firmen gepumpt werden. Bisher hat KitzVenture unter anderem in die österreichische Post und in Zalando investiert. Detail am Rande: Bei der österreichischen Post handelt es sich wahrscheinlich um das älteste Start-up aller Zeiten.

Im Gegenzug sollen die Anleger rekordverdächtige 9,75 Prozent Zinsen pro Jahr erhalten. Ausgabeaufschlag wird keiner berechnet. Außerdem werden die Sach- und Personalkosten sowie die Marketing- und Vertriebskosten von der Venture-Capital-Firma getragen. Geworben wird mittlerweile auch im ORF-Fernsehen. Noch

Gänsehaut

Bei Kapitalmarkt-Experten löst das Investment-Angebot der Wahl-Kitzbüheler, ähnlich wie die Streif, eher eine Gänsehaut aus.

Riskantes Kitzbühel: Kapitale Stürze nicht ausgeschlossen
"Die wundersame Brotvermehrung war vor 2000 Jahren. Am Kapitalmarkt wird nichts hergeschenkt", sagt Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger (IVA). "Wenn ich in ein riskantes Start-up oder in die Post investieren will, kann ich das direkt machen und brauche diese Herrschaften nicht. Die Post hat zum Beispiel eine Dividendenrendite von sechs Prozent." Nachsatz: "Es ist geschickt gemacht, aber im Prospekt stehen nur Worthülsen drinnen." Das ist nicht ganz richtig.

In dem 64 Seiten starken "Kapitalmarktprospekt nach Schema F", bei dem es sich eigentlich um einen sogenannten vereinfachten Kapitalmarktprospekt handelt, wird ein sogenanntes Blind-Pool-Konzept beschrieben, also eine Art "Crowdfunding im Blindflug". Das heißt: Weder sind einzelne Anlageobjekte bekannt, noch kann sich der Anleger ein Bild vom Gesamtportfolio machen. Oder anders gesagt: Im Gegensatz zu einem normalen Crowdfunding, bei dem Anleger in eine bestmmte Firma investieren, müssen die Anleger bei KitzVenture den Zampanos regelrecht blind vertrauen.

Chancen auf Totalausfall

„Es ist denkbar, dass das für Investitionen vorgesehene Kapital nicht oder nicht vollständig investiert werden kann, da geeignete Investmentobjekt nicht vorhanden sind“, heißt es darin. „Es besteht auch die Möglichkeit, dass die für die Verwaltung und Beteiligung an Unternehmen kalkulierten Kosten nicht ausreichen.“ Das könne dazu führen, „dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage negativ beeinflusst wird und insbesondere Zinszahlungen oder Darlehensrückzahlungen nicht oder nur teilweise möglich sind“. So empfiehlt KitzVenture ihr Produkt laut Prospekt auch nur Anlegern, „die einen Totalausfall des eingesetzten Kapitals verkraften können“.

Alles geheim

Wie viel Geld bisher eingeworben wurde, will KitzVenture nicht preisgeben. Über eine namhafte Wiener Anwaltskanzlei lässt die Risikokapital-Firma ausrichten, dass gewisse Details zum Geschäftsmodell nicht veröffentlicht werden können, „da damit eine wesentliche Grundlage für die Unternehmenstätigkeit entzogen werden würde“.

84-jähriger Durchschnittsbürger

Derzeit bewirbt KitzVenture sein Anlagemodell in Online-Medien so: "Die Klientel der privaten Geldanleger sind Durchschnittsbürger. Statt großer Beträge werden eher 250 bis 25.000 Euro angelegt. Eine Überraschung gibt es ebenfalls: ein bereits 84-Jähriger investierte gleich 5.000 Euro, da er bei der Bank kaum Zinsen bekam und mit Aktiengeschäften schon schlechte Erfahrungen gemacht hatte."

Was ist Kapitalmarktprospekt nach Schema F?

Laut der Zeitschrift Anwalt aktuell und Experten der renommierten Wiener Anwaltskanzlei CHSH Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati muss jeder, der Wertpapiere oder Veranlagungen in Österreich öffentlich anbieten will, einen umfangreichen Kapitalmarktprospekt veröffentlichen. Für Klein- und Mittelunternehmen wurde der Kapitalmarktprospekt nach Schema F“, ein vereinfachter Prospekt eingeführt, bei dem weniger hohe Anforderungen bei der Informationspflicht vorgesehen sind. Dieser gilt für alle öffentlichen Angebote unter fünf Millionen Euro.

„Der gebilligte (vereinfachte) Prospekt ist zwölf Monate gültig, bei der Oesterreichischen Kontrollbank AG zu hinterlegen und unverzüglich nach Billigung gemäß Paragraf 10 Absatz 3 Kapitalamarktgesetz (KMG) zu veröffentlichen“, heißt es in der Fachzeitschrift. „Der vereinfachte Prospekt genügt den Anforderungen der (EU-)Prospektrichtlinie nicht, weshalb keine Notifizierung durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) an Behörden anderer Mitgliedstaaten (und damit kein öffentliches Angebot außerhalb Österreichs) zulässig ist.“ Nachsatz: „Gemäß Erläuterungen unterscheidet sich der vereinfachte Prospekt von anderen Prospekten (nur) durch reduzierte inhaltliche Anforderungen.“

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