Emaille-Geschirr
Aber der Reihe nach. Ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkt der Produktionsbereich in Ybbsitz da und dort schon. Wirft man einen Blick auf die älteste noch in Betrieb befindliche Maschine etwa. Seit 96 Jahren leistet sie ihre Dienste. Nur wenige Schritte weiter stehen hochmoderne Anlagen wie die Tiefziehpresse, die 2021 in Betrieb ging, und solche, die extra für die Bedürfnisse des bekannten Geschirrproduzenten entwickelt wurden. Das besondere am Riess-Geschirr: Es besteht aus Emaille, verkürzt gesagt Glas auf Eisen, im Brennofen für die Ewigkeit verbandelt.
Drei an der Spitze
Eine ansteckende Leidenschaft für sein Unternehmen hat Friedrich Riess. Er ist einer von drei Personen, die den Betrieb leiten, neben Cousin Julian Riess und Cousine Susanne Rieß. Die schreibt sich tatsächlich mit ß – ein Standesbeamter hat einmal einen Fehler gemacht. Leidenschaftlich wird Friedrich Riess, wenn er von Kundinnen und Kunden darauf angesprochen wird, dass die Speisen in den Töpfen und Pfannen anbrennen würden. „Viele wissen nicht, dass unser Geschirr so schnell heiß wird. Die Leute kaufen sich einen modernen Induktionsherd, aber stellen das Kochen nicht um.“ Abhilfe schaffe da ein Blick in die Beschreibung von Herd oder Geschirr.
Moderner Touch
So sehr beim Gedanken an Riess-Geschirr eine gewisse Nostalgie hochkommt, so bemüht ist Riess um Moderne und Innovation. Immer wieder verpasst das Unternehmen seinem Geschirr neuen Touch. Sei es durch neue Designs des Designbüros dottings etwa. Junge Zielgruppen will man durch Zusammenarbeit mit Foodbloggern ansprechen. Seit Jahren gibt es eine Kooperation mit Köchin Sarah Wiener.
Ein Asset, auf das man besonders stolz ist, ist die Einzelanfertigung. Es können in geringer Stückzahl individuelle Bestellungen gemacht werden. Beispielsweise hat der renommierte Figlmüller in Wien Riess-Geschirr im Einsatz, mit eigenem Design. Das kommt per Siebdruckverfahren auf Topf und Kanne. Verkauft wird das Geschirr nicht nur in Europa, sondern etwa auch in Südkorea, Australien, Neuseeland, Südamerika und Japan. Mit dem Geschirr macht Riess übrigens nur die Hälfte des Umsatzes, der Rest wird durch die Marke Kelomat und das Anfertigen von Emaille-Schildern erwirtschaftet.
Auf die Nachhaltigkeitsbemühungen ist man bei Riess besonders stolz. Vor allem, weil man sie nicht erst forciert, seit sie modern sind, sondern quasi auch aus Tradition: Eisen- und Blechabschnitte werden gesammelt und dem Eisenlieferanten voestalpine retourniert, Wasser aufbereitet und in die Produktion zurückgeführt. Zur Wärmerückgewinnung wurde ein eigenes System entwickelt. Verpackt wird das Geschirr in Papier und Kartons, anstelle von Luftpolsterfolie wird meist geschredderter Karton verwendet.
Aktuelle Sorgen
Die Energiekrise bereitet ihm Sorgen, wenn auch anders als den meisten aktuell. Die Energie für die Maschinen stammt nämlich, Stichwort Nachhaltigkeit, überwiegend aus dem eigenen Wasserkraftwerk und einer Fotovoltaik-Anlage. Zwar müsse man bei zu wenig oder zu viel Wasser immer wieder Strom zukaufen, wird zu viel produziert, wird aber Strom ins Netz eingespeist. Unterm Strich sei man energieautark.
Das Problem sind die indirekten Auswirkungen: Die Leute sparen mehr, konstatiert der Geschäftsführer – und damit gehe der Absatz zurück. Beim Blick in die Zukunft tut sich Riess schwer, Kurzarbeit ist aber keine Option. Den Fehler habe man wie alle anderen in der Anfangsphase der Pandemie begangen, dann hätte die Ware gefehlt. Jetzt wird vor allem „in den Export oder auf Lager produziert“, sagt Riess.
Nichtsdestotrotz ist die nächste Generation schon teilweise bereit zur Übernahme. Um in 10. Generation Geschirr in Ybbsitz zu produzieren.
Kommentare