Registrierkasse: Jede fünfte Firma flog 2017 auf

Symbolbild
Finanz fand im Vorjahr 1284 Verstöße, das sind 21 Prozent der kontrollierten Unternehmen – Gastronomie beklagt „Hetzjagd“

So viel Staub hatte keine andere Maßnahme der Finanz aufgewirbelt: Selbst kleine Firmen dürfen seit 2016 ihre Tagesumsätze nicht mehr per „Kassasturz“ ermitteln, sondern mussten elektronische Registrierkassen anschaffen.

Seit April 2017 ist die letzte Schonfrist verstrichen. Offenkundig spießt es sich bei der Umsetzung aber gehörig. 2017 hatten die Kontrollore in jedem fünften Fall Beanstandungen. Konkret wurden bei 1284 von 6241 Unternehmen Verstöße gegen die Registrierkassenpflicht festgestellt (21 Prozent).

Viele Wirte und Händler

Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage  (261/J) hervor, die Bruno Rossmann (Liste Pilz) an Finanzminister Hartwig Löger gestellt hatte. „Ich finde keine andere Erklärung, als dass sich viele einfach nichts pfeifen“, sagt Rossmann zum KURIER. Immer noch  erhalte man in manchen Lokalen einen „Zwischen-Bon“, dem nie eine offizielle Rechnung folgt: „Die Finanz ist offensichtlich nicht in der Lage, die Verstöße in den Griff zu bekommen.“ Dass jedes fünfte Unternehmen aufgeflogen ist sei ein „markanter Anstieg“ gegenüber Mai bis Dezember 2016, wo nur fünf Prozent der Fälle Mängel aufgewiesen hätten.

Zur Art der Verstöße, Zahl und Höhe der Strafen – bis zu 5000 Euro – gab es keine Auskunft. Im Vorjahr hatte sich Ex-Finanzminister Schelling auskunftsfreudiger gezeigt. Von Mai bis Dezember 2016 waren nur 20 Strafen zwischen 100 und 1000 Euro ausgesprochen worden.

Wen die Prüfer 2017 besonders karniefelten, geht aus der Statistik hingegen hervor: Von 31.149 „Außenprüfungshandlungen“ 2017 – jeder Fall, in dem das Finanzamt oder die Finanzpolizei im Betrieb auftaucht – entfielen 6335 auf Hotels und Gastronomiebetriebe. Danach folgten 5761 Prüfungen bei Handelsbetrieben und Kfz-Werkstätten.

Belegannahmepflicht

Wie erklären sich die Gastronomen die Verstöße? Das seien oft Kleinigkeiten, viele Strafen „nicht gerechtfertigt“, sagt Mario Pulker, Obmann der Sparte Gastronomie der Wirtschaftskammer. So hätte ein Wirt 500 Euro zahlen sollen, weil die Kellnerin den Testkäufern der Finanzpolizei keine Rechnung ausgehändigt habe. Laut Gesetz hat der Unternehmer die Pflicht, das zu tun. Allerdings muss der Kunde (was viele nicht wissen)den Beleg nehmen und aufbewahren, bis er die Gaststätte oder das Geschäft verlassen hat. Die Prüfer seien aber ohne zu warten aufgestanden; der Bescheid wurde aufgehoben.

In einem anderen Fall setzte es eine Strafe, weil ein Seidl Bier auf den Tisch gestellt wurde, bevor es boniert war. Nicht jeder Wirt könne sich ein vollautomatisches Schanksystem um 100.000 Euro leisten, sagt Pulker, der sich an eine „Hetzjagd“ erinnert fühlt. Viele Prüfer würden „wie Rambos auftreten“ und sich das Gesetz „richten, wie sie es brauchen“. Er rät den Betrieben, nicht zu zahlen, sondern strittige Bescheide von der Fachgruppe prüfen zu lassen: „Wir Unternehmer sind keine Verbrecher. Wir zahlen über die Löhne und Abgaben auch die Gehälter der Prüfer.“

450 Millionen fehlen

Fakt ist: Die Registrierkassenpflicht brachte 2017 weniger ein als veranschlagt. Wie viel, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.

Die Mehreinnahmen seien „etwas hinter den Erwartungen zurück“, meint der Finanzminister. Die Umsatzsteuer habe im Vorjahr 28,35 Milliarden Euro eingebracht, ein Plus von 4,8 Prozent. „Das ist deutlich weniger als veranschlagt“, kontert Rossmann: Budgetiert waren 28,8 Milliarden Euro – und es hätten noch mehr sein müssen, denn der Konsum habe sich viel stärker entwickelt als prognostiziert.

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