Die Wut der Wirte

In der Gastronomie regt sich immer mehr Widerstand gegen die Regulierungswut
Bei keiner anderen Berufsgruppe konzentrieren sich Reformen derzeit so wie in der Gastronomie: Registrierkasse, Tabakgesetz, Barrierefreiheit, Allergenverordnung, höhere Immobilien- und Mehrwertsteuer.

In der Adventzeit einen freien Tisch im Gasthaus zu ergattern, ist schon fast Glückssache. Allerorten finden Weihnachtsfeiern und (noch immer) Ganslessen statt. Viele Wirte sind dennoch stinksauer. Das neue Jahr ist für sie sozusagen eine "schöne Bescherung": Es kommt mit einer Flut neuer Gesetze – von absoluter Rauchfreiheit in Restaurants bis hin zu höherer Mehrwertsteuer für die Hotelbetreiber.

Größter Aufreger der vergangenen Wochen war aber die Registrierkasse. Selbst jene, die sie längst haben, sind davon irritiert. "Absurderweise kann uns steuerlich niemand genau sagen, was Sache ist – also in welche Steuerkategorie zum Beispiel das Frühstück und in welche die Nächtigung fällt", sagt Gasthof-Betreiber Jakob Muhr (siehe unten).

Die Wut der Wirte
Kleinere Betriebe wiederum fürchten, mit der Vollaufzeichnung nun endgültig den Todesstoß zu bekommen. Möglicherweise konnten einige von ihnen nur überleben, weil ein bisserl was schwarz ging. (Allerdings wunderte man sich auch als Kunde gut gebuchter City-Lokale öfters über kreative Schein-Rechnungen.) Etliche betreiben das Lokal nur im Nebenerwerb.

Außerdem fürchtet sich die Branche vor neuer Bürokratie – und das in einer Zeit, in der wahrlich niemand über einen Mangel an administrativen Auflagen klagen kann. Speziell dort, wo es um Lebensmittel geht.

"Malträtiert von Kontrollorganen"

"Die Korruptionsjäger der Finanz schießen gerade bei Wirten oft gewaltig übers Ziel", meint Steuerberater Gottfried Schellmann. Von Lohnsteuer über Sozialversicherung bis zu den Arbeitszeit-Aufzeichnungen: Alles wird akribisch geprüft – gern auch, wenn in der Gastwirtschaft gerade Hochbetrieb herrscht. Schellmann ist nicht um markige Worte verlegen: "Erdrückt von überzogenen Vorschriften, malträtiert von erbarmungslosen Prüf- und Kontrollorganen, gleichzeitig konkurrenziert von vorschriftsfreien Festerln werden viele aufgeben."

Konkurrenz durch Punschhütten

Die Wut der Wirte
Der Christkindlmarkt am Wiener Rathausplatz 2013. Wien, 26.11.2013.
Die Konkurrenz der Zeltfeste, Punschhütten und als Demos getarnten Veranstaltungen liegt vielen Wirten ja ebenfalls schwer im Magen. "Wieso sind Vereine jeglicher Art besser gestellt als Gastronomiebetriebe, obwohl sie keine bis kaum Steuern zahlen – im Gegensatz zu mir als Unternehmer, der zum Wohle des Staates beiträgt?", fragt sich Helmut Preiser vom Landgasthaus Preiser im Waldviertler Ort Großreinprechts grimmig.

Und die seit einem Jahr geltende Allergenverordnung lässt ihn überhaupt zum Wut-Wirt werden. Seinen Gästen teilt er dazu Folgendes mit: "Sollten Ihnen Allergien oder Unverträglichkeiten bei der Konsumierung von Speisen bekannt sein, so ersuchen wir Sie, uns entsprechend vorab zu informieren. Mit diesem Satz möchten wir einer absolut blödsinnigen EU-Verordnung, welche leider unsere hündisch unterwürfige Bundesregierung unterstützt, entgegentreten."

Wenn dann noch Arbeiterkammer-Studien veröffentlicht werden, die schlechte Lehrlingsbehandlung thematisieren, ist das der Tropfen, der das (Bier-)Fass endgültig zum Überlaufen bringt. Viele Wirte sagen, dass sie nur aufgrund von Selbstausbeutung noch nicht zugesperrt haben. Denn eines der größten Probleme der Branche ist es, geeignetes Personal zu kriegen, das die Grundrechnungsarten beherrscht und Nacht- und Wochenendarbeit nicht scheut.

Dass es der Branche in Summe nicht wirklich gut geht, zeigt recht deutlich die heimische Insolvenzstatistik. Zwar ging die Zahl der Pleiten praktisch in allen Branchen zurück, mit 225 Insolvenzen rangierte die Gastronomie aber weiter hinter Bau und Handel auf Platz drei.

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