Recycling: Nachholbedarf bei Kunststoffen

Recycling: Nachholbedarf bei Kunststoffen
Für das Erreichen der EU-weiten Recycling-Quoten ab 2025 muss sich auch Österreich anstrengen.

Österreich gilt Österreich oft als Vorbild bei der Abfallentsorgung und Verarbeitung, "aber beim Kunststoff haben wir echt Nachholbedarf", betonte Stephan Drimmel, Betriebsleiter der Brantner-Sortieranlage in Wölbling nahe Krems.

Momentan liegt Österreich bei 34 Prozent. "Nach neuer EU-Berechnung sind es aber nur 22,5 Prozent", sagte Drimmel bei einer Führung durch die Sortieranlage. Bis jetzt wurde alles als recycelt angerechnet, was von den Sortierern zu den Recycling-Betrieben geliefert wurde. Künftig gelte nur, was beim Recycling-Betrieb in den Extruder hineingeht. "Dazwischen wird nochmal gereinigt und Störstoffe entfernt."

Damit sei man im EU-Mittelfeld. Im Rahmen des Kreislaufwirtschaftspakets sollen Kunststoffe bis 2025 EU-weit zu 50 Prozent recycelt werden, bis 2030 sollen es dann 55 Prozent sein. Um diese Vorgaben zu erreichen, müsse Österreich die Bemühungen im Kunststoffbereich mehr als verdoppeln, so Drimmel. In Europa müssten die Sortier- und Recyclingkapazitäten vervierfacht werden.

Für die Abfallwirtschaft ergeben sich dadurch viele Chancen, "es ist eine der Zukunftsbranchen", ist Drimmel überzeugt. Die Sortierer und Recycling-Betriebe müssten allerdings investieren, denn die aktuellen Kapazitäten reichten nicht aus. Drimmel erwartet in diesem Zusammenhang eine Konsolidierung der Sortierbetriebe in den nächsten fünf Jahren, weil sich kleinere Anlagen künftig nicht mehr rechnen würden.

Auch die Brantner-Gruppe will Geld in die Hand nehmen, um mehr Geschäft mit Recycling zu machen. Ein "höherer zweistelliger Millionenbetrag" soll in den Bau einer neuen Anlage im Raum Krems gesteckt werden. Die neue Anlage werde wesentlich höhere Kapazitäten haben, so Eva Schneider, Projektmanagerin bei Brantner. Zudem werde, vor allem im Sortierbereich, mehr automatisiert, da stehen die Jobs "sehr unter Druck". Im Gegenzug würden Arbeitsplätze für Höherqualifizierte entstehen, betonte Schneider.

Mit dem Recycling allein ist es allerdings noch nicht getan - die Rezyklate müssen auch verwendet werden. Drimmel fordert mehr Einsatzmöglichkeiten für Sekundärrohstoffe, etwa bei Verpackungen im Food-Bereich. Dafür müssten aber Regulierungen geändert werden. Auch der Bund könnte mit gutem Beispiel vorangehen, oft enthalten die Beschaffungsrichtlinien aber noch ein Verbot von Rezyklaten, kritisiert er. "Das steht einer Kreislaufwirtschaftsbewegung komplett im Weg." Es brauche klare Einsatzrichtlinien. Auch bei der Diskussion um ein Pfandsystem brauche es bald eine Entscheidung.

In der Sortieranlage in Wölbling werden pro Jahr 19.000 Tonnen gebrauchte Kunststoff-Verpackungen sortiert, das entspricht einem Einzugsbereich von 1,2 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Die neue Anlage soll künftig zwischen 30.000 und 60.000 Tonnen pro Jahr sortieren können. Der Müll wird aktuell in 13 sogenannte Fraktionen sortiert - darunter auch zwei Metalle, weil es in Niederösterreich verschiedene Sammelsysteme gibt, die die Müllverarbeitung erschweren, so Drimmel. Zurzeit können 42 Prozent des sortierten Mülls recycelt werden, 58 Prozent werden als Ersatzbrennstoff verwendet, vorwiegend in der Zementindustrie.

Das Geschäft rechnet sich, vor allem PET-Flaschen sind momentan sehr gefragt. Es werde sogar teilweise PET-Material aus Afrika nach Europa importiert, so Schneider. "Weil alle auf einmal nachhaltig sein wollen." Beim Einsatz von Recycling-Material seien auch die führenden Handelsketten große Treiber, auch wenn oft Marketing-Gründe dahintersteckten. "Die geben den Ton an", meinte Drimmel.

Auch die Bedeutung des richtigen Sammelns für das Recycling wurde hervorgehoben, denn beim Haushaltsmüll liegt Österreich mit 570 Kilogramm pro Person im EU-Spitzenfeld. Grundsätzlich gelte: Je näher am Haushalt gesammelt wird, desto besser und sauberer wird getrennt, so Drimmel.

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