Recht auf Bargeld soll in der Verfassung verankert werden
„Das Eigenthum ist unverletzlich.“ So steht es (in der Schreibweise von 1867) im Staatsgrundgesetz.
Geht es nach dem Willen der FPÖ, soll danach der Absatz folgen: „Die Verwendung von Bargeld unterliegt keinen Einschränkungen.“ Das Recht auf Barzahlung soll also in den Verfassungsrang gehoben werden. So sieht es der Gesetzesantrag (870/A) von Parteichef Norbert Hofer vor. Aber ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament realistisch? Dafür müssten zumindest zwei weitere Parteien zustimmen.
Ausgeschlossen ist das aus heutiger Sicht nicht. Die anderen Parteien legen sich auf KURIER-Anfrage nämlich nicht fest. ÖVP und SPÖ wollen die Diskussion im Verfassungsausschuss am Montag abwarten. So halten es auch NEOS, die aber die „Aufblähung der Verfassung“ grundsätzlich skeptisch sehen. Die SPÖ betont zudem, dass der Zusatz speziell im Eigentumsartikel viele rechtliche Fragen aufwerfen würde.
Bargeld-Fans
Tatsächlich könnte die geplante Verfassungsbestimmung heikel werden. Wie wäre das vereinbar mit Läden, die derzeit nur Kredit- oder Bankomatkarten akzeptieren: Müssten sie künftig Cash annehmen? Was ist mit völkerrechtlichen Verträgen, die zum Schutz vor Geldwäsche Obergrenzen für Bargeld-Transfers vorsehen?
Der FPÖ-Antrag trifft dennoch einen Nerv, denn Österreich gilt als Land der Bargeld-Befürworter. 82 Prozent aller Transaktionen werden hier noch bar erledigt.
Aber gibt es überhaupt eine Notwendigkeit, Bargeld in der Verfassung zu verankern? „Nein“, lautet die vehemente Antwort von Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny. „Wir haben immer erklärt, dass wir das Bargeld behalten werden.“ Aus seiner Sicht ist das Vorhaben „populistisch“.
Die Österreicher hatten sich in der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt auch gegen die Abschaffung der 500-Euro-Banknote ausgesprochen, waren aber überstimmt worden. Für Nowotny war das ein „psychologischer Fehler“, der zu Missverständnissen geführt habe.
Angeheizt werden die Gerüchte über ein mutmaßliches Bargeld-Aus durch akademische Debatten. „Rein ökonomisch spricht tatsächlich vieles für die Abschaffung von Bargeld“, sagt Wirtschaftsuni-Professor Josef Zechner. So würden die Notenbanken mehr geldpolitischen Spielraum erhalten und könnten die Zinsen weit in den negativen Bereich absenken. Dem gegenüber stehe der Schutz der Privatsphäre vor der Gefahr des „gläsernen Menschen“, so Zechner: „Das ist eine fast moralisch-ethische Frage.“
Für Bargeld spricht:
- „Bargeld ist gelebter Datenschutz“, sagte Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller. Bargeld erlaubt Anonymität, die keine Spuren hinterlässt.
- Bargeld kann von allen verwendet werden – auch ohne Konto oder Smartphone.
- Die Gesamtkosten sind bei Kleinbeträgen für Bargeld geringer als bei elektronischen Zahlungen.
- Bargeld schützt vor negativen Zinsen: Banken müssen aktuell Strafe zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Sollten irgendwann auch kleine Sparer für Guthaben zur Kasse gebeten werden, könnten sie sich dem durch Abheben von Bargeld entziehen.
- Cash ist auch bei Stromausfällen jederzeit verfügbar.
Gegen Bargeld spricht:
- Zahlungsvorgänge mit Karte oder Smartphone gehen im Regelfall deutlich schneller, die Warteschlangen vor den Kassen werden also kürzer.
- Für die Betriebe fällt die aufwendige Bargeld-Logistik weg („Geld auf die Bank tragen“).
- Ohne den sprichwörtlichen Geldkoffer werden kriminelle Aktivitäten wie Drogenhandel, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zumindest erschwert.
- Auch für die Bezahlung von Schwarzarbeitern müssten sich die Betreffenden Alternativen überlegen.
- Wobei: Anonymität ließe sich alternativ auch bei bargeldlosen Zahlungen (etwa über die Blockchain-Technologie, Stichwort Bitcoin) umsetzen.
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