Raiffeisen-Manager wehrt sich gegen Vorwürfe

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Gegen Manfred Url wird ermittelt. Sein Anwalt übt Kritik an unklarer Gesetzesregelung bei Insiderinformationen.

Die mutmaßliche Insiderhandels-Affäre um 15 Raiffeisen-Manager könnte massive Auswirkungen auf alle börsennotierten Unternehmen in Österreich haben. Denn: Wenn Vorstände Aktien des eigenen Unternehmens kaufen oder verkaufen, man nennt das Directors’ Dealings, kann das unter Umständen in einem Strafverfahren münden.

Wie im Fall von Manfred Url, früher Vorstand der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und heute Geschäftsführer der Raiffeisen Bausparkasse. Am vergangenen Mittwoch wurde Url wegen des Verdachts des Insiderhandels einvernommen. Url wird von der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verdächtigt, interne Informationen aus einer RZB-Vorstandsklausur im November 2009 dazu genutzt zu haben, um beim Verkauf von 500 Stück Raiffeisen-International-Aktien einen Reibach zu machen: 2000 bis 3000 Euro.

„Es stimmt, dass Ermittlungen gegen meinen Mandanten laufen“, sagt Wirtschaftsstrafrechts-Professor Wolfgang Brandstetter auf Anfrage des KURIER. „Die Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage. Er hat alle Regeln eingehalten. Die Compliance-Abteilung hatte die Handelsbeschränkung für Mitarbeiter-Geschäfte aufgehoben.“

Zur Vorgeschichte: Am 4. November 2009 wurde in einer Raiffeisen-Vorstandsklausur über die Vor- und Nachteile einer möglichen Fusion von RZB und Raiffeisen International (RI) diskutiert. Manche, wie RI-Chef Herbert Stepic, waren damals über die Auswirkungen am Finanzmarkt skeptisch, andere hatten weniger Befürchtungen. Wohin der Zug aber tatsächlich fahren wird, wusste man damals anscheinend noch nicht. Weder war der Aufsichtsrat informiert noch waren Vorarbeiten in Richtung Zusammenschluss gemacht worden.

Verfassungswidrig?

Acht Tage nach dieser Diskussion verkaufte Url seine letzte Tranche (500 Aktien) von insgesamt 2000 RI-Aktien, die er im Rahmen des Börsengangs im April 2005 offiziell erstanden hatte.

Die FMA prüfte diese Mitarbeiter-Geschäfte später. Sie kam zur Ansicht, dass die Überlegungen zur Fusion von RZB und RI in Form einer Ad-hoc-Meldung der Öffentlichkeit bekanntzugeben gewesen wären. Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) bestätigte diese Rechtsansicht. Schon die Prüfung einer Fusion sei meldepflichtig. Rechtsprofessor Brandstetter ortet in dieser Auslegung eine Verfassungswidrigkeit. Es sei nicht klar geregelt, welche Diskussionen und Überlegungen in einem Vorstand eines börsennotierten Unternehmens bereits als Insiderinformationen zu gelten haben und folglich zu veröffentlichen sind.
Er bekämpft die UVS-Entscheidung beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof. Für Url sei nicht erkennbar gewesen, dass diese Diskussion Insider-relevant sein könnte. Außerdem hat er sich noch vergewissert, dass er die Spielregeln einhält. Denn die Compliance-Abteilung der RZB hatte die Sperre für Mitarbeiter-Geschäfte genau an dem Tag aufgehoben, an dem Url seine Aktien verkaufte. Dieses Schriftstück liegt dem KURIER in Kopie vor.

Am 19. April 2010 wurde die Fusion zwischen RZB und RI öffentlich bekannt gegeben. Folgt man der Argumentation der FMA, hätte Url erst am 20. April seine RI-Aktien verkaufen dürfen.

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