"Heer ist beste Managementschule“

"Heer ist beste Managementschule“
Holding-Chef Erwin Hameseder muss sparen. Politisch wünscht er sich ein Mehrheitswahlrecht.

KURIER: Kennen Sie schon Verteidigungsminister Gerald Klug?

Erwin Hameseder: Nein. Ich hoffe, bald mit ihm ins Gespräch zu kommen – nicht nur wegen der Initiative „Einsatz für Österreich“ zur Beibehaltung der Wehrpflicht, sondern auch in meiner Funktion als Milizoffizier.

Was muss sich beim Heer ändern? Alles ist ja nicht gut?

So ist es. Der Grundwehrdienst muss raschest reformiert werden. Als Sofortmaßnahme kann man zum Beispiel die Vorschläge der Bundesheerreformkommission unter Helmut Zilk aus dem Jahr 2004 verwenden.

Sie trauern Norbert Darabos wahrscheinlich nicht nach.

Aus meiner Sicht war es sehr wichtig, dass nach der Volksbefragung ein Zeichen gesetzt wurde.

Sie sind nicht nur Milizoffizier, sondern in erster Linie Manager. Was halten Sie von der Debatte um Gehalts-Obergrenzen für Manager, speziell in Banken?

Was jedenfalls aufhören muss, ist das Banken-Bashing. Es gibt offensichtlich einen Konsens im EU-Parlament über Boni-Regelungen.

...den die Briten blockieren.

Ja. In der Diskussion um Managementgehälter werden die Banker immer als Negativbeispiel hervorgehoben. Dafür habe ich wenig Verständnis: Entweder haben wir einen freien Markt oder nicht. Gehälter und Bonifikationen werden ja vom Aufsichtsrat fixiert. Natürlich gab es nicht nachvollziehbare Extremfälle. Aber in Wahrheit ist das Sache der Eigentümer und nicht des Gesetzgebers. Raiffeisen ist ohnehin weit weg von den diskutierten Grenzen.

Was halten Sie von der Regulierung des Bank-Bereichs?

Die Politik ist gut beraten, sich die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Regulierungswut zu überlegen. Die Banken sind – samt neuer Bankensteuern, Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften – einer dramatischen Kostenlawine in kurzer Zeit ausgesetzt. Prinzipiell halte ich aber sehr viel davon, die Banken krisenresistenter zu machen.

Könnte das eine Kreditklemme auslösen?

Ich halte es nicht für ausgeschlossen.

Müssen Sie jetzt der Sparmeister im Raiffeisen-Reich sein?

Wir schauen uns das Kostensenkungspotenzial wie die Struktur unseres Geschäfts an. Ich betrachte 2013/14 als eine Phase der Neuorientierung.

Planen Sie Börsengänge? Der Ausblick an den Börsen ist gut.

Man muss immer börsenfähig sein, aber es gibt keinen Zeitdruck. Unsere Aktionäre oder wir sollten nicht durch einen Börsengang aufgrund niedriger Kurse dramatisch verwässert werden.

Beim Skylink-Bau hat der großkoalitionär verwaltete Flughafen Freunderlwirtschaft und Korruption zugelassen. Sie sitzen dort jetzt im Aufsichtsrat. Wahrscheinlich nicht zufällig?Der Flughafen hat nichts mit Raiffeisen zu tun. Ich bin dort seit 2011 Aufsichtsratsvorsitzender und hatte noch keinen einzigen Anruf eines Politikers, der mir irgendeinen Auftrag oder einen Rat gegeben hätte, was am Flughafen zu tun wäre. In der Vergangenheit ist leider viel Negatives passiert. Unser Job ist es aufzuräumen und den Schaden zu minimieren.

Die Raiffeisen-Holding hat über 700 Unternehmensbeteiligungen. Da kommt oft der Vorwurf der Raiffeisen-Krake.

Das ist aus der Luft gegriffen. Wir sind stolz, dass wir an tollen Unternehmen beteiligt sind. Für uns ist sehr wichtig, dass möglichst viel Wertschöpfung und auch die Headquarters in Österreich bleiben. Wir haben nichts zu verstecken – alles ist im Firmenbuch nachzulesen.

Heimische Manager warnen vor einer Entindustrialisierung Europas. In den USA gibt es niedrigere Steuern und deutlich billigere Energie. Eine Gefahr?

Für uns ist das kein Thema: Eine Auslagerung wesentlicher Teile eines unserer Unternehmen ins Ausland oder gar nach Übersee kommt nicht in Frage.

Raiffeisen hat etliche Lebensmittelkonzerne wie NÖM und Agrana. Können Sie ausschließen, dass auch da Lebensmittelskandale aufkommen?

Es wird alles Menschenmögliche getan, um das zu verhindern. Aber zu 100 Prozent ausschließen kann das niemand. Beim Pferdefleisch-Skandal wurde Gott sei Dank kein Mensch geschädigt. Trotzdem ist es eine betrügerische Handlung. Es geht wie oftmals im Leben um Ehrlichkeit und nicht nur um Rendite-Optimierung.

Was halten Sie davon, dass Ungarn den ausländischen Banken-Einfluss senken will?

Ungarn muss man zunehmend mit Argusaugen beobachten. Das sind sehr problematische Ansagen, die uns nachdenklich stimmen. Trotzdem werden wir nicht von heute auf morgen aus Ungarn flüchten. Es wird vielleicht die eine Regierung nicht mehr geben, aber wir werden immer noch da sein.

Sind Sie überzeugter Anhänger der großen Koalition?

In der gegebenen Situation fällt mir nicht viel anderes ein. Aber ich bin ein starker Befürworter eines Mehrheitswahlrechts. Jene Partei, die die Mehrheit erhält, soll die volle Regierungsverantwortung tragen. Ich glaube, da würde mehr weitergehen.

Sie könnten ja wie beim Heer eine Initiative starten.

Dafür sind andere geeigneter. Die Initiative „Einsatz für Österreich“ hatte nichts mit Raiffeisen zu tun, sondern war mein persönliches Anliegen. Ich habe elf Jahre beim Bundesheer gearbeitet.

Und was haben Sie für Ihre jetzige Aufgabe mitgenommen?

Führungsverantwortung zu übernehmen und analytisch zu denken. Ich war mit 23 Jahren für eine Kompanie verantwortlich, ungefähr 180 Männer – vom 18-jährigen Rekruten bis zum Unteroffizier kurz vor der Pensionierung. Es ist großartig, was man dabei lernt. Für mich war und ist das die beste Managementschule.

Offizier und Manager

Erwin Hameseder Der ausgebildete Jurist hat vor seiner Laufbahn bei Raiffeisen beim Militär Karriere gemacht. Im Mai 2012 wurde der 56-Jährige zum Obmann der Raiffeisen- Holding NÖ-Wien gewählt. Bis dahin war er u. a. Vorstand der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Die Holding hält über 700 Beteiligungen, unter anderem auch an Medien wie dem KURIER.

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