Und dort wurde dann die „Österreichische Bodenstrategie“ beschlossen. Allerdings ohne das von Umweltschutzorganisationen und den Grünen geforderte Ziel, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar (ha) pro Tag zu begrenzen. Deshalb war Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler auch nicht dabei. Sie beharrt weiterhin darauf, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen.
Länder und Gemeinden strikt gegen diese Vorgabe. Bei den Kommunalen Sommergesprächen in Bad Aussee saßen einander nun Gewessler, Achleitner, Greenpeace-Sprecherin Melanie Ebner, Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl sowie Rewe-Vorstand Marcel Haraszti und Arthur Kanonier, Bodenexperte an der TU Wien, gegenüber. Bei der Podiumsdiskussion machte Pressl gleich zu Beginn klar, dass er Menschen mit einem Eigenheim „nicht an den Pranger stellen“ wolle. Die Gemeinden, so Pressl, würden sich zwar zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden bekennen. „Ich stehe jedoch auch dazu, dass sich die Menschen Eigentum schaffen können müssen“, fügt er hinzu.
„Hirngespinste“
Ähnlich Landesrat Achleitner. Er bezeichnet die 2,5-ha-Grenze als „unrealistisch“ und spricht in Richtung Ministerin Gewessler von „Hirngespinsten“. Achleitner betonte vehement, dass die Widmungskompetenz „bei den Gemeinden bleibt“ und man diese „nirgends hinzentralisiert“. Alleine entscheiden kann er dies freilich nicht, er gibt sich hierzu aber betont selbstbewusst. Gewessler wiederum sprach bei der Diskussion am Donnerstag davon, dass „uns Justamentstandpunkte, die die formale Zuständigkeit betreffen, gar nichts bringen“. Sie fordert stattdessen eine „Rückbesinnung auf die Evidenz und Veränderungen“ die über das Maß der vergangenen Jahre hinausgehen.
„Die vergangenen fünf Jahre in der Bundesregierung waren aber ein Bekenntnis zum Handeln“, fügt die Ministerin hinzu. Die Treibhausgasemissionen seien gesunken – und dies vorwiegend wegen der grünen Klimapolitik. Als Beispiel nennt sie etwa die CO2-Steuer oder das Klimaticket.
Eine Branche, die immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt ist, hauptverantwortlich für den Bodenverbrauch zu sein, ist der Lebensmitteleinzelhandel. Auf 100.000 Einwohner kommen 60 Supermärkte. Laut Experten liegt Österreich in der EU damit an der Spitze.
Rewe-Vorstand wehrt sich
Auf die Frage von Gewessler, wie man den Bodenverbrauch reduzieren könnte, sagt Rewe-Vorstand Haraszti: „Der gesamte Lebensmittelhandel macht 0,5 Prozent bei der Landversiegelung aus. Es wäre daher logisch, sich auf die restlichen 99,5 Prozent zu fokussieren“. Er würde der Politik daher empfehlen, „dort anzupacken, wo der Hebel am größten ist“. Die Zeiten der Expansion wären ohnehin vorbei, in den vergangenen Jahren habe Rewe rund 12.000 Quadratmeter an Fläche reduziert.
Ein zentrales Thema ist auch die Frage der Neu-, Um- und Rückwidmungen. Greenpeace fordert, dass Gewinne durch Umwidmungen mit 90 Prozent besteuert werden und es Fördergelder nur noch für Sanierung, Renovierung oder Flächenrecycling geben soll. Außerdem fordert Melanie Ebner eine „sozial treffsichere Leerstandsabgabe“: In ganz Österreich gebe es rund 230.000 leer stehende Wohnungen. „Bisher hat sich beim Flächenverbrauch nichts Wesentliches getan“, beklagt Ebner.
Ein weiteres Problem ist brachliegendes Bauland. Im Jahr 2022 waren laut Atlas der Raumordnungskonferenz 21,1 Prozent der als Bauland gewidmeten Flächen in Österreich nicht bebaut und standen potenziell als Baulandreserve zur Verfügung. Experte Kanonier fordert etwa Rückwidmungen in Form von Ausgleichsmechanismen, dass also für neues Bauland anderswo rückgewidmet werden muss.
Problem: Rückwidmungen sind nicht einfach. „Das Eigentumsrecht ist verfassungsrechtlich abgesichert“, hält der TU-Forscher fest. Jedoch stünde dieses Grundrecht unter einem Gesetzesvorbehalt: Unter bestimmten Voraussetzungen kann damit auch in Eigentumsrecht eingegriffen werden. „Das ist immer eine Interessensabwägung zwischen dem Recht auf Eigentum und öffentlichen Interessen“, sagt Kanonier.
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