Preiskampf der Airlines startet wieder
Als ob nichts gewesen wäre. Die Corona-Krise ist noch längst nicht ausgestanden, aber am Flughafen Wien starten die Airlines einen Preiskampf wie vor Beginn der Pandemie. Das Match heißt wieder: Billigflieger gegen Home-Carrier AUA.
Die schärfsten Konkurrenten sind nach wie vor Ryanair, Europas größte Lowcost-Airline, die ungarische Wizz Air und EasyJet. Nur Level, die Billig-Tochter der IAG, des Mutterkonzerns von British Airways und Iberia, war ausgestiegen und hatte im Juni 2020 Insolvenz angemeldet. 200 Mitarbeiter in Wien verloren ihre Jobs.
Ryanair-Chef Michael O’Leary flog höchstpersönlich in Wien ein, um für den ab März gültigen Sommerflugplan fünf neue Flugzeuge und neue Strecken anzukündigen. O’Leary kalkuliert für den Sommer mit mehr Passagieren als vor Corona. Und kündigte gleich eine Schleuder-Aktion mit Ticketpreisen ab 9,90 Euro an.
Erweitertes Angebot
Die börsenotierte Wizz Air, die unter Europas Airlines überhaupt die niedrigsten Kosten haben dürfte, setzt ebenfalls auf billige Tickets und weitet ihr Angebot aus. Die in Wien stationierten Airbus 321 werden durch die größere und modernere Version A321 neo ersetzt. Bringt 25 Prozent Kostenersparnis, rechnete Wizz-Air-Präsident Robert Carey vor. Wizz hält neun Prozent Marktanteil, Ryanair 17 Prozent.
Die AUA versucht ihren seit Jahren sinkenden Marktanteil, der bereits unter 50 Prozent liegt, mit ebenfalls günstigen Tickets zu verteidigen. Dumpingpreise von 9,90 Euro werde man nicht anbieten, „aber nach Mallorca und zurück wird man mit uns ab 59 Euro fliegen können“, hält Vertriebsvorstand Michael Trestl dagegen. Für den Sommer will die AUA ihre Kapazitäten auf 80 Prozent des Vor-Krisen-Niveaus hochfahren.
Marketing-Aktionen
Schon klar, auch die kostengünstigste Airline kann nicht ein ganzes Flugzeug zu Schleuder-Preisen füllen. Nur ein kleiner Teil der Tickets wird um weniger als 10 oder 20 Euro auf den Markt geworfen. Die Billigflieger subventionieren solche Werbeaktionen, die online groß aufgezogen werden, aus ihren Marketingbudgets. Wer später bucht oder an bestimmte Termine gebunden ist, zahlt wesentlich mehr.
Auch in der Luft gelten die üblichen Regeln des Wettbewerbs. Für Strecken, auf denen Konkurrenz fliegt, sind die Tickets günstiger. Das sind vor allem die Warmwasser-Rennstrecken, auf denen die Billig-Airlines der AUA zusetzen.
Keine Konkurrenz – hohe Preise. Lange galt die nordirakische Kurdenprovinz Erbil als lukrativste Mittelstrecken-Destination der AUA. Dorthin wollten hauptsächlich Ölmanager, die Billig-Airlines waren wenig interessiert. Auch diverse Osteuropa-Destinationen sind für die AUA noch lukrativ.
Preis, nicht Qualität
„Die Billigflieger geben den Takt vor. Dieser Wettbewerb geht nur über die Preise und leider nicht mehr über Qualität“, beobachtet Gregor Kadanka, Mondial-Chef und Obmann der Reisebüros und Veranstalter. Etablierte Carrier wie die AUA unterscheiden sich qualitativ kaum noch von den Angreifern.
Die Knie des Hintermannes im Rücken, extra Gebühren für Gepäck, Flughafen-Check-in, Sitzplatzreservierung, Verpflegung und sogar ein Glas Wasser wird heute auch von Traditions-Airlines verrechnet. Was früher selbstverständlich war, kostet jetzt zusätzlich. Dass schlecht gebuchte Flüge einfach gestrichen werden, man nennt das dann „Ausdünnung des Flugplans“, passiert nicht nur bei Ryanair & Co. Ebenso überlastete Call-Center, in deren Warteschleifen die frustrierten Kunden eine gefühlte Ewigkeit lang hängen. „Die Konsumenten beschweren sich, aber sie sind gleichzeitig nicht mehr bereit, mehr zu bezahlen“, bedauert Kadanka.
40 Euro Mindestpreis
Als sich die Netzwerk-Airlines im Vorjahr um Staatshilfen anstellten, flammte heftige Kritik über den wirtschaftlichen und ökologischen Unsinn von Dumping-Tickets auf. Wer mit den Preisen schleudere, brauche nicht mit Geld der Steuerzahler gerettet werden.
Nach der AUA-Rettung mit 450 Millionen Euro Staatsgeld kündigte die Regierung die Einführung eines Mindestpreises an. Die Umsetzung ist rechtlich schwieriger als gedacht und zieht sich. Die Politik kann nicht einfach Mindestpreise diktieren, das würde EU-rechtlich niemals halten.
Also wird der Hebel bei den Steuern und Gebühren angesetzt. Diese sollen nicht mehr von den Airlines und Plattformen übernommen werden, sondern den Passagieren verrechnet werden. Beispielsweise die Flugabgabe oder die Flughafengebühr.
"Kostenwahrheit"
„Mir geht es darum, beim Fliegen möglichst rasch Kostenwahrheit herzustellen und ein Bewusstsein bei Kunden puncto Umweltschutz zu schaffen“, argumentiert Luftfahrt-Staatssekretär Magnus Brunner. „Ganz konkret geht es um das Verhindern von 9,90-Euro-Tickets. Das Taxi zum Flughafen darf nicht teurer sein als der Flug selbst“.
Im ersten Quartal 2022 soll der Gesetzesentwurf zur Begutachtung ausgeschickt werden, angepeilt ist eine Größenordnung von 40 Euro. Verrechnet kann nur für die abfliegenden Passagiere werden.
Österreich spielt hier den Vorreiter und strebt laut Brunner eine EU-weite Initiative an. Deutschland, Frankreich und Holland diskutieren ähnliche Modelle. Wird spannend, O’Leary hat schon mehrmals erbost Klagen angedroht.
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