Kurzarbeit
In Österreich hat die Porr am 19. März Kurzarbeit für mehr als 9.000 Mitarbeiter angemeldet. Auf etwa 80 Prozent der Baustellen ging da gar nichts mehr. Nach etwa zwei Wochen wurden die Baustellen wieder hochgefahren. „Umso mehr freut es uns, dass wir die Kurzarbeit mit 18. Juni beenden konnten“, sagt Strauss. Aus Solidarität mit den Kurzarbeitern verzichtet man auf den Führungsebenen bei Porr auf Teile des Einkommens – in allen Ländern, wo der Konzern vertreten ist. Wie hoch ist der Verzicht? „Durchaus beträchtlich“, so Strauss. Mehr will er nicht verraten. Verzicht üben auch die Aktionäre, die Dividende für 2019 wurde gestrichen. Zur Erinnerung: 53,7 Prozent gehören einem Konsortium aus Strauss und der Ortner-Gruppe, der Rest ist im Streubesitz.
Zum Wiederaufbau der heimischen Wirtschaft gehört für den Porr-Chef wesentlich dazu, dass geplante Bauprojekte auch tatsächlich realisiert und nicht verschoben werden. Und dass Projekte vorgezogen werden. „Häuser ausbauen, mit Wärmedämmungen, Beschattungen und Solarzellen ausstatten“, das wäre jetzt sowohl im öffentlichen, wirtschaftlichen wie auch im privaten Bereich angesagt. Dafür könnte man durchaus auch privates Kapital anzapfen. Strauss schweben dafür Fonds mit Genussrechten oder Partizipationskapital vor.
Mehr Eigenkapital
Überhaupt sollte es neben den Soforthilfen des Staates auch möglich sein, mehr Eigenkapital zu bilden. „Nicht entnommene Gewinne, so es welche gibt, von der Steuer befreien“ sieht er dabei als eine Möglichkeit an. Vorzeitige Abschreibungen wären eine weitere Möglichkeit, um Projekte in Gang zu bringen. Auch das Vergaberecht sollte vereinfacht und beschleunigt werden.
„Die Corona-Krise hat uns einen Blick in die Zukunft gezeigt, mit Streaming, Online-Konferenzen und Digitalisierung“, ist Strauss überzeugt. Bei der Porr sei schon vieles digitalisiert, „Homeoffice hat extrem gut funktioniert“. Er selbst war nur wenige Tage im Homeoffice, „ein Kapitän gehört auf die Brücke“, sagt er. Einige Abteilungen seien gerade dabei, auch für die Zukunft neue Arbeitsrhythmen zu installieren, etwa eine Woche Büro, eine Woche Homeoffice. „Nur Homeoffice will ich nicht“, legt sich Strauss jetzt schon fest. Da fehle es am Zusammenhalt.
In einer Nebelwand
Wie sich das heurige Geschäftsjahr entwickeln wird, wagt Strauss nicht vorherzusagen. „Wir bewegen uns in einer Nebelwand.“ Unbestritten aber sei, dass es in Corona-Zeiten zusätzliche Kosten gebe. Wenn etwa, wie in der Schweiz vorgeschrieben, die Beschäftigten am Bau einen Mindestabstand von zwei Metern einhalten müssen, „baut man nicht effizient“. Von Baustelle zu Baustelle muss unter die Lupe genommen werden, wie die zusätzlichen Kosten mit dem Auftraggeber geteilt werden können.
Aus dem Geschäft in Norwegen, das im Vorjahr wegen eines „verkalkulierten“ Projekts ebenfalls rote Zahlen schrieb, wird sich die Porr doch nicht zurückziehen. „Wir haben eine genaue Analyse gemacht, ob man in diesem Land als ausländische Baufirma verdienen kann. Das Ergebnis: Wir bleiben“, sagt der Porr-Chef.
Im September steht Strauss bereits eine ganze Dekade an der Porr-Spitze. Ein vorzeitiger Rückblick? „Eine tolle Zeit, ich kann mir gar nichts anderes vorstellen. Wie wenn das Leben davor eine Vorbereitung gewesen wäre“, kommt Strauss (Jahrgang 1960) so richtig ins Schwärmen.
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