Lutschsackerl statt Tschick: Marlboro-Konzern will weg von Rauch und Asche

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Alternativen zur Zigarette sind in Österreich zunehmend gefragt. Auch der Tabakkonzern Philip Morris setzt verstärkt darauf.

Von Zigaretten wollen nicht nur viele Raucherinnen und Raucher loskommen. Auch der Tabakkonzern Philip Morris will sich von den Glimmstängeln verabschieden. Bereits 2016 kündigte der Hersteller von Zigaretten der Marken Marlboro und Muratti an, das Geschäft mit Verbrennerzigaretten auslaufen lassen zu wollen. Wann ließ man offen. “Bis 2030 sollen zwei Drittel des weltweiten Konzernumsatzes über Alternativprodukte erwirtschaftet werden”, sagte Alexander Schönegger, Chef der Österreich-Niederlassung des Tabakkonzerns bei einem Pressegespräch. 

Eine wichtige Rolle sollen dabei Nikotinbeutel spielen, die unter die Oberlippe geklemmt werden. Tabak enthalten sie keinen mehr, Nikotin aber sehr wohl. Es gelangt beim Konsum der Produkte über die Mundschleimhäute in den Körper. Im vergangenen Jahr übernahm Philip Morris den schwedischen Hersteller und Nikotinbeutel-Weltmarktführer Swedish Match. Ab Anfang nächsten Jahres will man die Produkte der aus dem schwedischen Tabakmonopolisten und einem großen Streichholzerzeuger hervorgegangen Firma auch in Österreich vertreiben. 

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FILE PHOTO: Moist powder tobacco "snus" cans are seen on shelves at a Swedish Match store in Stockholm

Zigarettenalternativen von Swedish Match

Geschäft mit Zigarettenalternativen floriert

Schon heute floriert das Geschäft mit den Zigarettenalternativen. Die Wachstumsraten für Nikotinbeutel, Tabakerhitzer und E-Zigaretten sind zweistellig. Philip Morris hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen 15 Jahren mehr als 10 Milliarden Dollar in rauchfreie Produkte investiert. 

Zuletzt waren sie für 36 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes verantwortlich. In Österreich ist Philip Morris neben Nikotinbeuteln auch mit Tabakerhitzern vertreten. Die werden seit 2020 in heimischen Trafiken angeboten. 

Mehr als jeder Fünfte raucht noch immer

Zigaretten werden zwar weniger verkauft. Im vergangenen Jahr war es über die gesamte Branche hinweg ein Minus von 3,2 Prozent oder fast 20 Millionen Packerl. Rund ein Fünftel der Österreicherinnen und Österreicher raucht aber noch immer täglich, im vergangenen Jahr immerhin 11,7 Milliarden Zigaretten.

Damit liegt das Land zwar im EU-Schnitt. In anderen Ländern, etwa Schweden, beträgt die Raucherquote aber gerade einmal ein Viertel davon oder knapp 5 Prozent der Bevölkerung. Schweden gilt damit de facto als rauchfrei.

Rauchfreies Schweden

In Schweden sei es gelungen Zigaretten durch Nikotinbeutel und Snus zu ersetzen, sagt Swedish-Match-Sprecher Patrik Hildingsson. Snus enthalten im Gegensatz zu den Nikotinbeuteln Tabak und haben in dem Land eine lange Tradition; sie waren schon Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Außerhalb Schwedens ist der Verkauf von Snus durch eine EU-Direktive verboten. 

Die braunen Beutel schreckten in Schweden auch viele Frauen ab. Erst die appetitlichere Aufbereitung in weißen Säckchen und das Weglassen von Tabak bewegte mehr Raucherinnen zum Umstieg. Aus einem "erdigen, schmutzigen Ding" sei etwas geworden, das sauberer sei und einfacher verwendet werden könne, sagt Hildingsson: "Wir konsumieren genau so viele Tabakprodukte wie andere Länder, aber wir zünden uns keine Zigaretten mehr an."

Schadensminderung

Weltweit gebe es noch eine Milliarde Raucher und das werde sich auch in absehbarer Zukunft nicht ändern, meint Philip-Morris-Österreich-Chef Schönegger. Deshalb brauche es Alternativen zur Zigarette. 

Ähnlich wie Motorradfahrern, die sich mit Helmen schützen können, gehe es dabei um Schadensminderung. Um Raucherinnen und Raucher zu weniger schädlichen Formen der Nikotineinnahme zu bekommen, sei es wichtig, möglichst nahe an ihren Gewohnheiten zu bleiben. 

Bei den Tabakerhitzern werde die Lippe ebenso wie bei Verbrennerzigaretten an den Filter geführt. Nikotinbeutel seien zwar weiter vom herkömmlichen Raucherlebnis entfernt, Sie könnten aber sehr diskret und auch in geschlossenen Räumen konsumiert werden. 

FILE PHOTO: A customer prepares to try a Philip Morris' "iQOS" smokeless tobacco at an iQOS store in Tokyo

Tabakerhitzer von Philip Morris

Schönegger ist penibel darauf bedacht, nicht den Eindruck enstehen zu lassen, dass mit den Nikotinbeutel auch ein anderes Klientel als Raucher angesprochen werden könnte oder gar Nichtraucher oder Jugendliche zum Einstieg in den Nikotinkonsum bewegt werden sollen. Der Jugendschutz werde von der Monopolverwaltung kontrolliert. Es gebe klare Verträge mit den Trafikanten, wird betont. 

Dass Zigarettenalternativen auch bei Jugendlichen Anklang finden, zeigen aber Erhebungen der Gesundheitsbehörden. Zuletzt gaben 8 Prozent der 15-Jährigen an, in den der Befragung vorangegangenen 30 Tagen Lutschsäckchen konsumiert zu haben. 

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