Pfizers Steuerflucht sorgt für Erregung

Pfizers Steuerflucht sorgt für Erregung
Donald Trump kritisiert Abwanderung des Pharmariesen nach Irland als "widerlich".

Die Gründer waren zwar Exil-Deutsche, dennoch gilt Pfizer als uramerikanische Ikone: 1849 starteten die Cousins Charles Pfizer und Charles Erhart im New Yorker Stadtteil Brooklyn mit ihrer ersten Tablettenfabrik. Jetzt soll der Viagra-Produzent, mit 48 Milliarden Dollar Umsatz auf Platz 56 der größten US-Unternehmen, irisch werden.

Nach der Übernahme von Botox-Hersteller Allergan um 160 Milliarden Dollar will Pfizer seinen Hauptsitz nach Dublin verlegen. Konzernchef Ian Read macht gar kein Hehl daraus, dass die Steuern der Grund sind. In den USA wären dem Pharmariesen "die Arme am Rücken festgebunden." In Irland fallen maximal 12,5 Prozent Körperschaftssteuer an, einer der niedrigsten Sätze weltweit.

Jetzt ist die Erregung im Präsidentschaftswahlkampf groß. Der "US-Steuerzahler ist der Dumme", wetterte Hillary Clinton. "Ein weiterer Großkonzern versteckt seine Gewinne in Übersee", zürnte Bernie Sanders. Und ihr republikanischer Rivale Donald Trump nannte die Pläne schlicht "widerlich".

Seltsames US-System

Für die Iren ist Steuerdumping ein lange erprobtes Geschäftsmodell. 1995 war die Insel mit bis zu 40 Prozent Körperschaftssteuer noch Mittelmaß. Seit 2003 gilt der Billigtarif von 12,5 Prozent, der sogar heftige Anfeindungen überstand, als Irland unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen musste. (Österreichs Obergrenze lag bis 2004 bei 34 Prozent, seither 25 Prozent).

Dabei sind Pfizer und Irland gar kein Einzelfall: Seit 1982 sind weit mehr als 50 Konzerne abgewandert. Mit der Krise hat sich der Trend stark beschleunigt. So übersiedelte im Vorjahr Burger King nach der Fusion mit der Kaffeekette Tim Hortons nach Kanada.

Heuer wälzten mindestens zehn US-Firmen ähnliche Pläne, besonders oft im Medizinbereich: Medtronic ist in Irland gelandet, Wright Medical und Mylan siedeln sich in den Niederlanden an. Spitaldienstleister Steris, Medizintechniker LivaNova, Düngerkonzern CF Industries und Modemhersteller Arris planen den Abflug nach Großbritannien. Baumaschinenhersteller Terex erwärmte sich gar für die finnische 46.000-Einwohner-"Metropole" Hyvinkää.

Die Firmen riskieren ihren Ruf, sonst ändert sich wenig. Sie können in den USA bleiben; es reicht, wenn sich der rechtmäßige Konzernsitz ändert. Der Aderlass für die USA ist groß, wird aber überhaupt erst durch das seltsame Steuersystem möglich. 35 Prozent sind nicht nur einer der höchsten Steuersätze weltweit. Darüber hinaus müssten die Konzerne ihre Gewinne aus dem Ausland voll versteuern – aber nur, wenn das Geld in die USA zurückfließt.

1,1 Billionen Dollar gebunkert

Logische Folge: Sie bunkern die Einnahmen auf Konten in der EU oder in Steueroasen wie den Kaiman-Inseln oder Bermudas. Auf 1100 Milliarden Dollar schätzt Moody’s diese Barbestände. Alle Versuche, die Deals abzudrehen, haben den Trend nur verlangsamt, aber nicht gestoppt. Und eine Totalreform des Systems scheiterte bisher am zerstrittenen US-Kongress.

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