Überall aber: Polizei bzw. sogenannte Nachbarschaftskommitees, Fieber- und Ausweiskontrolle.
Ein Land im Zustand permanenter Wachsamkeit. Schösser: „Von der Stimmung her, sind die Menschen immer so etwas wie in einem ständigen Alarm-Modus.“ Die Angst vor einer Rückkehr des Virus ist eben groß.
Aber es gibt viele positive Signale. Zuletzt kamen welche aus Wuhan. Dort wurde das am 23. Jänner verhängte Ausreiseverbot aufgehoben. Solche Nachrichten befeuern das Wirtschaftsleben. „98 Prozent der großen Industriebetriebe und rund 78 Prozent der Klein- und Mittelbetriebe sind aktuell wieder am Laufen“, so Schösser. So auch die für Österreich so wichtige Maschinenbau- und Autoindustrie.
Auch die rund 500 österreichischen Unternehmen in China nehmen die Arbeit wieder auf. So etwa die niederösterreichische Agrana. Das Unternehmen hat drei Produktionsstandorte in China mit rund 380 Mitarbeitern.
In den beiden Werken in der Region Peking und in der Region Shanghai werden tiefgefrorene Früchte zu Fruchtzubereitungen für die Molkereiindustrie verarbeitet. Im Werk in Xianyang (Region Shaanxi) produziert man Fruchtsaftkonzentrate für Getränkehersteller. „In den beiden Fruchtzubereitungswerken produzieren wir nach den erteilten Genehmigungen bereits seit der ersten Februarhälfte wieder voll. Das Fruchtsaftwerk startete die Wiederaufnahme des Betriebs Anfang März.“ sagt Agrana-Chef Johann Marihart zum KURIER.
Natürlich gibt es strenge Sicherheitsvorschriften. Die reichen bis in die Kantinen, wie etwa in den chinesischen Werken des steirischen Leiterplattenherstellers AT&S. Pro Tisch darf nur ein Mitarbeiter speisen. Alle blicken in dieselbe Richtung. Flüssige Speisen wie Suppen gibt es nicht mehr.
Die Steirer haben drei Werke in China, von denen eines fast immer im Betrieb war; die beiden anderen fuhren am 10. und 14. Februar wieder hoch, so Konzernsprecher Gerald Reischl. Die Kommunikation zwischen China und der Konzernzentrale in Leoben erfolgt via Videokonferenzen.
Bislang ist keiner der 7000 Mitarbeiter in China am Virus erkrankt. „Wir haben uns deshalb dazu entschieden, auch an unseren österreichischen Standorten auf strenge Maßnahmen zu setzen“, sagt AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer. An den AT&S-Standorten Leoben und Fehring wurde unter anderem eine Maskenpflicht am Betriebsgelände eingeführt, die Home-Office Regelungen umfassend ausgeweitet, der Kantinenbetrieb eingeschränkt und die Dienstreisetätigkeit gestoppt.
Bei der voestalpine erlebt man gerade eine verkehrte Welt. Während der Stahlkonzern in Europa Kurzarbeit fahren muss, wurde in China je nach Standort die Produktion zwischen Mitte Februar und Mitte März wieder aufgenommen. Die Auslastung variiert derzeit je nach Standort zwischen 60 und 100 Prozent. In China hat die voestalpine rund 30 Standorte (davon neun Produktionsstandorte) und beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter.
Offen hat auch schon wieder der oberösterreichische Industriezulieferer Miba. Miba beschäftigt in China rund 1.100 Mitarbeiter an zwei Standorten Auch der Salzburger Kranhersteller Palfinger hat in seinen beiden chinesischen Werken seine Produktion wieder aufgenommen.
Doch am Ende stellt sich die Frage, wie hoch der Schaden für die Wirtschaft Chinas sein wird. Chinas größte Investmentbank, die China International Capital Corporation verminderte Ende März die Wachstumsprognose für das heurige Jahr von 6,1 auf 2,6 Prozent. Sechs Prozent Plus sind in China aber das Parteidogma zur Absicherung des Wohlstands und des sozialen Friedens.
Schösser analysiert das so: „Am Anfang war man noch optimistisch, die Talsohle rasch durschreiten und wieder auf Wachstumskurs fahren zu können.“
Nun aber brechen Lieferanten und Kunden in Europa und den USA weg. Das hat Folgen. „Investitionen werden zurückgehalten und auf dem Job-Markt für Führungskräfte tut sich ohnedies nichts.“
Bis Chinas Wirtschaft also wieder die frühere Dynamik gewinnt, wird es ein - frei nach Mao Tse Tung – „langer Marsch„.
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