Papierfabrikant Heinzel: Saubere Produktion bald Kaufkriterium

Papierfabrikant Heinzel: Saubere Produktion bald Kaufkriterium
Heinzel-Gruppe will aus Kostengründen Papierfabrik in Deutschland schließen. Branche fordert für Ausstieg aus Russen-Gas rasche Strompreiskompensation vom Staat

Die hohen Strompreise sorgen in der energieintensiven heimischen Papierindustrie für erste Werkschließungen. Weil sich die Produktion von Getränkekartons nicht mehr rentiert, will die Heinzel-Gruppe ihre Wellpappe-Produktion in Raubling/Bayern zusperren. 

Und das, obwohl der Hauptfokus des mehr als 100 Jahre alten Betriebes zuletzt auf Papier-Recycling lag. 165 Beschäftigte sind von der Schließung betroffen, derzeit laufen Gespräche mit dem Betriebsrat über sozialverträgliche Lösungen. „Es sind vor allem die Gaspreise, die dem Werk in Raubling zu schaffen machen. Der Standort ist seit eineinhalb Jahren nicht mehr wettbewerbsfähig“, erläutert Sebastian Heinzel, Vorstandschef der Heinzel Group, dem KURIER.

Umstellung für kleinere Produktionen kaum rentabel

Im globalen Wettbewerb hätten es kleinere Papierfabriken wie diese derzeit besonders schwer. Die erforderliche Umstellung von (billigen) Russen-Gas auf alternative Energieträger für die Produktion sei nicht nur teuer, sondern dauere mehrere Jahre. Deshalb der Plan zur Stilllegung. Die Heinzel Group produziert derzeit an fünf Standorten in Europa Zellstoff, Verpackungen sowie Magazinpapiere. 

Papierfabrikant Heinzel: Saubere Produktion bald Kaufkriterium

Papierfabrik von Heinzel in Laakirchen

Drei Werke – Pöls, Laakirchen und Steyrermühl – befinden sich in Österreich. Die Produktion in den heimischen Fabriken sei nicht gefährdet, betont Heinzel. Es gebe ein klares Bekenntnis zu den Standorten. Aber auch hierzulande leide die Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der politischen Rahmenbedingungen.

Strompreis zu hoch

So seien die Strompreise in Österreichs Nachbarländern um 10 bis 15 Prozent niedriger. In Skandinavien, wo viele Mitbewerber seien, koste der Strom nur die Hälfte, berichtet Heinzel. Anders als in vielen anderen EU-Ländern, wartet die heimische Papierindustrie immer noch auf eine Verlängerung der 2022 ausgelaufenen, staatlichen Strompreiskompensation. Zudem hänge die Drohung der Ukraine, kein billiges Russen-Gas mehr durchzuleiten, „wie ein Damoklesschwert“ über der Branche.

Papierproduktion
Im Vorjahr wurden von der heimischen Papierindustrie 3,9 Millionen Tonnen Papier produziert, um 15,8 Prozent weniger als 2022. Davon waren 2,4 Millionen Tonnen Verpackungspapier, 1,3 Millionen grafisches Papier und 
0,3 Millionen Spezialpapier. Der Trend geht weiter in Richtung Verpackungen. Zudem wurden im Vorjahr 1,7 Mio. Tonnen Zellstoff produziert. 

Umsatzminus
Der Branchenumsatz sank im Vorjahr um gut ein Fünftel auf 4,32 Mrd. Euro.  Die Exportquote beträgt 87 Prozent. Es wurden rund 300 Mio. Euro investiert, 70 Prozent davon in die Energiewende

Austropapier
Die Branchenlobby Austropapier vertritt 23 Unternehmen mit rund 7.600 Beschäftigten

Einen Wettbewerbsnachteil gebe es auch bezüglich Dekarbonisierung. „Wir wollen nicht nur dekarbonisieren, unsere Kunden fordern es von uns“, sagt Heinzel. Noch sei der Preis das entscheidende Kaufkriterium, künftig werde es auch die Sauberkeit der Produktion sein. Die Branche bekenne sich daher voll und ganz zu den Klimazielen der EU. Österreichs Papierindustrie nutze zwar schon zu zwei Drittel erneuerbare Energie, in Skandinavien sei die Stromversorgung mit Wasser- und Atomstrom aber schon hundert Prozent emissionsfrei. Schon in wenigen Jahren könne die Papierbranche dort ganz emissionsfrei produzieren.

Gas weg, aber wie?

In Österreich brauche es daher bessere Rahmenbedingungen, die einen Umstieg der Industrie auf erneuerbare Energien erleichtere. „Ja, das Gas muss weg, aber wo sind die Alternativen?“, fragt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner. Die Regierung solle endlich darlegen, wie sie den Umstieg auf saubere Energie gestalten will – etwa wie der Strom erzeugt und über welche Leitungen er verteilt wird.

Die heimische Papierindustrie sieht sich als Teil der Lösung. Sie erzeugt in ihren Werken mehr Energie als sie verbraucht – vor allem Fernwärme, die rund 100.000 Haushalte versorgt. Der Primärrohstoff ist zu 56 Prozent aus Altpapier, weniger als ein Prozent des Materialeinsatzes falle als Abfall an. Die Recyclingquote beträgt 86 Prozent, das ist laut eigenen Angaben der höchste Wert unter allen europäischen Ländern. 

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