Palmöl-Verbot: Mehr Arbeit, weniger Genuss
Die geplante Entwaldungsverordnung sorgt in der heimischen Lebensmittelindustrie für Aufregung. Palmöl soll künftig nur von Plantagen kommen dürfen, für die nach 2020 kein Wald mehr gerodet wurde. Die Unternehmen sind zwar für Klima- und Umweltschutz, sehen aber durch die Verordnung einen großen Mehraufwand auf sich zukommen, meint Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Auch für Konsumenten könne sie unliebsame Folgen haben.
Die Maßnahme ist zwar „gut gemeint, aber schlecht gemacht“, sagt Koßdorff. Für die Lebensmittelindustrie bedeute die Verordnung viel zusätzliche Bürokratie und Hürden. Die Einhaltung von Vorgaben, Standards oder Richtlinien müssten aufwendig kontrolliert und dokumentiert werden, um den Schutz der Wälder nachweisbar zu machen. Außerdem befürchtet Koßdorff, dass nur große Lieferanten die Regeln der EU umsetzen können und viele Klein- und Kleinstbauern, die man eigentlich fördern wollte, um für ein breiteres Angebot zu sorgen, unter die Räder kommen werden.
Hochwertiges Fett
Ein Drittel des weltweit erzeugten Palmöls werde für Lebensmittel verwendet, der Rest für Biosprit, Kosmetika, Waschmittel oder die Verstromung. „Nur“ vier Prozent werde in der europäischen Lebensmittelindustrie verarbeitet. Nachhaltig hergestelltes Palmöl ist dort sehr willkommen, denn es gilt als eines der hochwertigsten Fette und wird seit mehr als 100 Jahren eingesetzt.
Die Vorteile: „Palmöl ist geschmacksneutral und wird kaum ranzig“, sagt Koßdorff. Außerdem lasse es Produkte wie Schokolade im wahrsten Sinn des Wortes auf der Zunge zergehen. Damit könnte es in Zukunft bei dem einen oder anderen Produkt vorbei sein, denn ohne Palmöl müssten manche Lebensmittelproduzenten ihre Rezepturen ändern, was zu neuen, teils unerwünschten Geschmackserlebnissen führen könnte, meint Koßdorff.
Einigen Unternehmen ist das allerdings schon erfolgreich gelungen, sagt Ursula Bittner, Wirtschaftsexpertin von Greenpeace Österreich. „Vorreiter sind zum Beispiel ,Ja!Natürlich’ und fast vollständig die Eigenmarken von Spar“, sagt Bittner.
Illegale Aktivitäten
Hier sei schon viel passiert, Palmöl sei aber nach wie vor in vielen Produkten zu finden. Manche Unternehmen würden sich auch „ein grünes Mascherl“ umhängen und ihre Produkte mit Gütesiegeln, die den Einsatz von nachhaltigem Palmöl versprechen, schmücken, gleichzeitig aber an illegalen Entwaldungen involviert sein. Deshalb begrüße Greenpeace die geplante EU-Verordnung sehr. Denn es habe weniger negative Konsequenzen, gegen die Regeln eine Gütesiegels irgendeines Vereins zu verstoßen, als das Gesetz zu brechen.
Durch die neue Sorgfaltspflicht, die für die Unternehmen entstehe, könnte es auch zu einer Verkürzung der Lieferketten kommen, da die Hersteller wieder enger an die Lieferanten heranrücken und dauerhaftere Verträge suchen würden. Für Konsumenten sieht Bittner auch Vorteile, da sie dann „Entwaldungsprodukte“ leichter erkennen würden.
Im heimischen Landwirtschaftsministerium wird erwartet, dass die Verordnung noch im ersten Halbjahr 2023 in Kraft treten wird. Die Verpflichtungen für die Marktteilnehmer und Händler wird dann 18 Monate danach Geltung erlangen, für Kleinst- und Kleinunternehmen sind es 24 Monate.
Die Entwaldungsverordnung sieht keine Einschränkungen der Verwendung von Palmöl in Österreich vor, sofern das eingeführte Palmöl nicht zur Entwaldung gemäß der Verordnung beigetragen hat, heißt es aus dem Ministerium. Die Verordnung solle für die Konsumenten Sicherheit bringen, mit dem Kauf einzelner Erzeugnisse nicht zu Entwaldung beizutragen.
Schlechter Ruf
Die Ölpalme zählt global zu den wichtigsten Ölpflanzen. Mit fast einem Drittel Marktanteil ist Palmöl vor Sojaöl das meistproduzierte Pflanzenöl der Welt. Palmöl ist nicht so schlecht wie sein Ruf: Es braucht deutlich weniger Anbaufläche als Sonnenblumen-, Raps- oder Sojaöl. Fast 84 Prozent des weltweit produzierten Palmöls kommen aus Indonesien und Malaysia
36 Prozent aller weltweit gehandelten und aus Entwaldung stammenden Palmöl-Produkte landen in der EU. Mehr als
50 Prozent des importierten Öls wird für Agro-Treibstoffe verwendet. Im Schnitt importiert Österreich jährlich 150.000 Tonnen Palmöl
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