Von einem 10-Jahres-Tief im Jänner zu einem 10-Jahres-Hoch Anfang April. „Das hat es in meiner 33-jährigen schweinischen Karriere noch nie gegeben“, kommentiert Johann Schlederer, Chef der Schweinebörse, die Preisausschläge bei Schweinefleisch: „Allein binnen fünf Wochen sind die Preise um 45 Prozent nach oben geschossen.“ Irgendwie ist einfach alles zusammengekommen.
Dass das Schnitzel-Geschäft nach der Völlerei über die Weihnachtsfeiertage im Jänner seit jeher eher verhalten ist, gehört quasi zum normalen Geschäft. Gleichzeitig gibt es traditionell einen Überhang an Schweinelieferungen an die Schlachthöfe – die Preise erodieren. „Heuer war es besonders schlimm, weil infolge der hohen Corona-Infektionszahlen die Nachfrage in der Gastronomie schleppend war“, erläutert Schlederer. Erzeuger wie Mäster hätten pro Ferkel einen Verlust von jeweils rund 25 Euro eingefahren.
Weniger Sau im Stall
Mit dem Wiederhochfahren des Gastrobetriebes nahm auch der Schnitzelhunger wieder zu. Doch die Anlieferungen waren plötzlich verhalten. „Die Deutschen haben binnen eines Jahres zehn Prozent des Schweinebestandes verloren. Das hat es in dieser Dimension noch nie gegeben“, weiß Schlederer. Die Gründe dafür liegen in China. Dort grassierte vor drei Jahren die Schweinepest, was dazu führte, dass die Hälfte des chinesischen Bestandes gekeult wurde. In der Folge kauften die Chinesen den europäischen Markt leer. Doch das ist Geschichte. „China hat binnen 2,5 Jahren den Bestand wieder aufgebaut und ist wieder eigenversorgt. Mit dieser Geschwindigkeit hatte niemand gerechnet“, kommentiert Schlederer. Das trifft nun auch die großen Produzentenländer Spanien und Holland. Die Mäster haben reagiert. Und den Bestand reduziert.
Im März folgte die nächste Keule – der Krieg in der Ukraine, der Kornkammer Europas. Zwar bekommt Österreich bis zu 80 Prozent seiner Futtermittel von den eigenen Feldern, doch große Produzentenländer – wie Spanien und Holland – importieren 80 Prozent ihrer Futtermittel vom Weltmarkt. Aus Angst, zu wenig Nachschub zu bekommen, deckten sich die Großbetriebe mit Ware ein und trieben damit die Futtermittelpreise in immer lichtere Höhen. Mittlerweile ist unter anderem gentechnikfreies Eiweißfutter aus der Ukraine und der Schwarzmeerregion knapp. Die Folge: In wenigen Wochen dürften die Lager mit Ökofutter leer sein, warnen deutsche Bio-Bauern. Ob sie dann trotz Umstieg auf konventionelles Futter ihr Bio-Siegel behalten dürfen, liege dann an der EU.
Heimische Produktion
94 Prozent der Schweine werden auf Höfen in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark gehalten. Die Zahl der Betriebe ist seit 2010 von 30.800 auf 21.000 gesunken
5 Millionen
Schweine werden jährlich in Österreich geschlachtet. Zur Größenordnung: In Deutschland sind es 55 Millionen im Jahr
Auch Verarbeiter haben zuletzt auf Fleisch gewartet, klagt Unternehmer Rudolf Frierss. Da den Bauern klar war, dass der Fleischpreis nur eine Richtung – die nach oben – kennt, haben sie den Verkauf der Tiere hinausgezögert. Parallel dazu explodierten die Energiekosten. Das trifft Verarbeiter hart, ob beim Kochen, Gefrieren oder in der Logistik“, sagt Frierss. Dazu kommt, dass die Preise für Kartonagen und Folien durch die Decke gehen. Bedruckte Folien sind laut Frierss um bis zu 80 Prozent teurer geworden und teils Mangelware. „Dass es in weiterer Folge zu Preiserhöhungen kommen wird, ist klar“, sagt der Unternehmer. „Wir müssen die Kostensteigerungen nach Ostern weitergeben, um die Betriebe aufrechterhalten zu können.“
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