Smatrics betreibt nach eigenen Angaben Österreichs einziges flächendeckendes Hochleistungs-Ladenetz mit Stationen im Umkreis von jeweils 60 Kilometern. In fünf Minuten kann für 100 Kilometer Reichweite Strom „getankt“ werden. Mit derzeit mehr als 450 Schnellladepunkten ist das Unternehmen heimischer Marktführer. Die Ladestationen werden hundertprozentig aus Wasserkraftstrom des Verbunds gespeist. Das Unternehmen bietet Ladestationen als auch Software an, wie Apps, Ladekarten, Abrechnungssysteme und Roaming.
2017 stieg die OMV in das damalige Gemeinschaftsunternehmen von Verbund und Siemens ein. Zum Preis von 23 Millionen Euro, schätzen Brancheninsider. Um genau diesen Preis, den Buchwert der Beteiligung, verabschiedet sich die OMV wieder. Die Verträge wurden Mitte Juli unterschrieben, das Closing ist im vierten Quartal 2021 geplant.
Geschäft war der Ausflug in die E-Mobilität für die OMV keines. Sie erhält zwar den Kaufpreis zurück, hat aber über Gesellschafterzuschüsse, die in Eigenkapital umgewandelt wurden, einige Millionen Euro investiert. Smatrics fuhr in den vergangenen Jahren, wie die anderen Anbieter auch, noch Verluste ein, zwischen drei bis knapp fünf Millionen Euro jährlich.
Beträge, die ein Großkonzern wie die OMV leicht verschmerzen kann, doch es stellt sich die Frage, warum der Ausstieg ausgerechnet jetzt passiert, wenn E-Mobilität so richtig startet. Und sich Seele bei seiner Abschieds-Pressekonferenz geradezu als Grüner präsentierte.
Der Marktwert von Smatrics ist wesentlich höher als der Buchwert. Das von der Größe vergleichbare Salzburger Start-up has.to.be wurde vor kurzem an den amerikanischen Ladesäulen-Betreiber ChargePoint verkauft. Der Deal war mit 250 Millionen Euro der bis dato größte Start-up-Exit in Österreich. Einer der Gründungsinvestoren war Seele-Vorgänger Gerhard Roiss, der Ex-OMV-Chef hielt 20 Prozent. Die 250 Millionen werden in der Branche zwar als sehr stolzer Preis gesehen, aber wesentlich weniger dürfte Smatrics auch nicht wert sein.
Das Geschäft mit der E-Mobilität wächst rasend schnell. Heuer betrug der Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen erstmals mehr als zehn Prozent, für 2030 werden 50 Prozent prognostiziert. Smatrics hat gemeinsam mit dem neuen Joint-Venture-Partner EnBW, einem der größten deutschen Energiekonzerne, ehrgeizige Pläne und will die Leistung der Stationen stark erhöhen.
Die OMV will gegenüber dem KURIER zum Ausstieg nicht viel sagen. Man sei nach wie vor von der E-Mobilität überzeugt und biete an den Tankstellen weiterhin Lade-Infrastruktur von Partnern an. Smatrics sei allerdings eine reine Finanzbeteiligung, erklärt eine OMV-Sprecherin.
Das klang beim Einstieg 2017 freilich noch ganz anders. Von einer „innovativen Partnerschaft“ und „ersten Meilensteinen“ schwärmte Ex-Downstream-Vorstand Martin Leitner. Mit der Beteiligung an Smatrics engagiere sich die OMV in einem „neuen und wachsenden Technologiebereich“. Kooperiert wird weiter, aber in einem anderen Bereich. Seit dem Vorjahr betreiben Verbund und OMV im Weinviertel Österreichs größte Photovoltaik-Anlage.
Der Ausstieg von Siemens Österreich hat konzern-strategische Gründe. Siemens ist international in diesem Business engagiert und stößt kleinere Beteiligungen ab.
Einer der beiden Smatrics-Geschäftsführer, Michael-Viktor Fischer, verabschiedet sich übrigens. Die Chemie mit den OMV-Managern soll nicht gestimmt haben.
Kommentare