Und aus der Fusion von Borealis und Borouge (siehe Grafik) zum internationalen Petrochemie-Riesen mit 30 Milliarden Dollar Umsatz nichts wird.
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„Wie auf einem Souk“
Dabei hatte es für das Projekt „Edelweiß“, das schon im September 2023 hätte fixiert sein sollen, gar nicht so schlecht ausgesehen. Industriell macht der Deal viel Sinn, die teilstaatliche OMV wäre an einem großen Ganzen beteiligt. Die Staatsholding ÖBAG verhandelte das Österreich-Paket: Das Headquarter bleibt in Österreich bleiben, ebenso Forschung & Entwicklung (Borealis hat 20.000 Patente, Borouge lediglich 600) und ein zweites Börselisting in Wien „wird angestrebt“.
Doch die Österreicher hatten Adnoc falsch eingeschätzt. Staatsholding und OMV hatten jahrzehntelang mit den verbindlichen Vertretern von Mubadala zu tun, der internationalen Investmentgesellschaft von Abu Dhabi. Doch Mubadala gab die OMV-Anteile im Vorjahr an den staatlichen Öl-Giganten Adnoc ab – und dort herrscht ein anderer Ton.
„Sehr tief, oft sehr aggressiv. Da wird Druck gemacht und dann wieder auf Zeit gespielt, die verhandeln wie auf einem Souk“, schildern Insider gegenüber dem KURIER die Gesprächskultur der arabischen Seite. „Es geht nicht um Befindlichkeiten. Die Verstimmung auf österreichischer Seite ist signifikant“, hört man aus Eigentümerkreisen. So gehe man nicht mit Österreich als Partner um. Man könne nicht, wenn man grundsätzlich einig sei, „nachher ständig wieder Nein sagen“. Mittlerweile sei nicht mehr klar, ob Adnoc den Deal überhaupt noch durchziehen wolle oder einen Vorwand für einen gesichtswahrenden Ausstieg sucht.
Geldwäsche-Liste
OMV-Chef Stern und sein Team müssen sich mit Adnoc über ganz wesentliche Punkte des Deals einigen: Die Bewertung von Borealis und Borouge und den Schutz Österreichs vor einer Verwässerung der Anteile am gemeinsamen Chemiekonzern. Abu Dhabi ist das reichste der Emirate, Adnoc hat eine Einkaufskasse von mehr als 150 Milliarden Dollar und kann eine große Kapitalerhöhung locker stemmen, im Gegensatz zu Österreich. Die OMV will ihre Kontrollmöglichkeiten absichern, Adnoc blockt.
Die Abus wollen die Bewertung von Borealis nach unten drücken, hört man. Der Börsenwert von Borouge ist ebenfalls deutlich niedriger als im Vorjahr.
Aber auch die arabische Seite fühlt sich unfreundlich behandelt. Am 23. April stimmte eine breite Mehrheit im EU-Parlament, darunter alle österreichischen Abgeordneten, dagegen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate von der Grey List der FATF (Institution zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) gestrichen werden. Die Emirate sind nach wie vor auf der Liste, was das Verhandlungsklima nicht gerade verbessert.
Erfolgsdruck
Al Jaber jedenfalls ist unter Erfolgsdruck, bisher scheiterten alle seine internationalen Übernahme-Versuche. Die Verhandlungen um den deutschen Kunststoffhersteller Covestro stocken, mit Wintershall wurde es nichts, der britische Ölkonzern BP war im Visier, es blieb aber bei Vorgesprächen.
Der Sultan gibt den Druck an seinen Chefverhandler Khaled Salmeen weiter, wird beobachtet. Der Executive Director von Adnoc wird auf der Hauptversammlung am 28. Mai in den Aufsichtsrat der OMV bestellt. Gemeinsam mit Adnoc-Finanzvorstand Khaled Al Zaabi. Die Kultur dort werde sich „massiv ändern, da werden künftig die Fetzen fliegen“, befürchten die Aufsichtsratskollegen jetzt schon.
Spekulationen, dass der Deal über die Nationalratswahl hinaus verzögert werden soll, sind übrigens blanker Unsinn. Im Gegenteil, diese Regierung will die Fusion noch rasch unter Dach und Fach bringen. Was weiß man schließlich , wer nach der Wahl im Finanzministerium sitzt.
Die offizielle Stellungnahme der OMV gegenüber dem KURIER klingt noch zuversichtlich: "Wie bereits bekannt, befinden sich OMV und ADNOC in laufenden, ergebnisoffenen Verhandlungen hinsichtlich einer möglichen Kombination von Borealis und Borouge. Wir führen diese Verhandlungen im besten Interesse von OMV, unter Berücksichtigung der Interessen unserer Aktionär:innen und Mitarbeitenden.
OMV und Borealis schauen auf eine langjährige Partnerschaft mit ADNOC und anderen Unternehmen aus den VAE zurück. Daraus sind erfolgreiche gemeinsame Projekte entstanden, die u.a. ein globales Petrochemie-Unternehmen wie Borouge hervorgebracht haben.
Ferner ist OMV das einzige Unternehmen, mit dem ADNOC eine Partnerschaft in allen drei Segmenten Upstream, Downstream und Chemie hat".
andrea.hodoschek@kurier.at
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