Auf den ersten Blick würde man meinen, dass die Gemeinden in Ober- und Niederösterreich am finanzkräftigsten sind. Die beiden Bundesländer liegen im oberen Bereich, „aber die besten Bonitätswerte insgesamt weisen Salzburg und das Burgenland auf“, erklärt Karoline Mitterer, Finanzexpertin am Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ), das gemeinsam mit dem Gemeindemagazin seit elf Jahren das Ranking erstellt.
Im wirtschaftlich starken Salzburg sind die Ertragsanteile von Bund und Land aus dem Finanzausgleich höher, ebenso die gemeindeeigenen Steuern.
Wie aber kommt ausgerechnet das Burgenland zu guten Bonitätsnoten? Nicht wegen der Finanzkraft, diese ist im Österreich-Vergleich relativ bescheiden. Sondern aufgrund der sehr geringen Transferzahlungen an das Land, schätzen die KDZ-Experten.
Am schlechtesten schneidet Kärnten ab. Als Ursachen nennt Mitterer die geringe Finanzkraft, weniger Gemeinde-Steuern und strukturelle Probleme „aufgrund der stagnierenden Bevölkerungszahl und sehr hoher Transferzahlungen an das Land“.
Wien spielt wegen der Größe eine Sonderrolle und wird für das Ranking daher nicht bewertet.
Die Bonität von Gemeinden hängt von vielen Faktoren ab: Von der Wirtschaftskraft, die wiederum die Basis für die gemeindeeigenen Steuern ist. Vom Finanzausgleich, der die Höhe der Ertragsanteile aus den Steuereinnahmen von Bund und Ländern bestimmt, die an die Gemeinden weiter gegeben werden. Maßgeblich ist auch die demografische Entwicklung. Je mehr Einwohner, desto höhere Ertragsanteile, aber auch desto höhere Ausgaben.
Maßgeblich ist auch die Transferpolitik in den einzelnen Bundesländern. Die Gemeinden in OÖ beispielsweise zahlen je Einwohner 556 Euro für Krankenanstalten und Sozialhilfe an das Land, das Burgenland kassiert nur 277 Euro.
Wäre schließlich noch das Gemeindemanagement. Die Anforderungen an die Bürgermeister werden immer komplexer. Vor allem kleine Gemeinden haben Nachwuchsprobleme. Orte bis zu 1.000 Einwohner sind tendenziell finanzschwach, haben aber hohe Ausgaben.
Die 250 Top-Gemeinden werden „mit hoher Wahrscheinlichkeit gut durch die Krise kommen, da sie Rücklagen aufbauen konnten. Sie werden die Krise besser bewältigen als jene Gemeinden, die bisher schon strukturelle Probleme hatten“, meint Mitterer. Für diese ist die Expertin nicht sehr zuversichtlich. Eine KDZ-Studie zeigt bis 2024 deutliche Risiken, den Gemeinden (inklusive Wien) würden vier Milliarden Euro fehlen.
Dank der Hilfspakete konnten die Liquiditätsprobleme für 2021 noch abgewendet werden. Doch die Ausgaben steigen wesentlich schneller als die Einnahmen. Derzeit machen 25 Prozent der Gemeinden Verluste, Mitterer befürchtet, dass ohne weitere Hilfen der Anteil der Abgangsgemeinden auf 60 Prozent steigen könnte.
Das 2020 gestartete kommunale Investitionsprogramm über eine Milliarde Euro sollte von zwei auf drei Jahre verlängert werden, fordern die Gemeinden. Dass erst 60 Prozent davon abgerufen sind, dürfte mit der überhitzten Baukonjunktur zu tun haben.
Vom Liquiditätspaket über 1,5 Milliarden Euro ist eine Milliarde nur bevorschusst. Die Summe sollte aber, meint Mitterer, in echte Förderungen umgewandelt werden. Ein Thema ist die längst schon überfällige Reform der bei den Einnahmen relativ unbeweglichen Gemeindefinanzen.
Die KDZ-Experten empfehlen, bei der Grundsteuer anzusetzen, um höhere Abgaben direkt in die Gemeindekassen sprudeln zu lassen. Sowie eine effizientere Aufteilung der Mittel aus dem Finanzausgleich.
Sieger Sattledt: Trotz Krise 3,7 Millionen Überschuss
Bürgermeister Gerhard Huber freut sich natürlich über die Top-Platzierung. Im Krisenjahr 2020 war das Kommunalsteuer-Aufkommen (bei Gesamteinnahmen von 11,3 Millionen) mit sechs Millionen Euro sogar höher als 2019. „Wir haben bei den Betrieben einen guten Größen- und Branchenmix“, begründet er im KURIER-Gespräch. Sowie mit Hofer und Fronius zwei große Leitbetriebe.
2020 wurden weitere Rücklagen gebildet und wieder ein Überschuss ausgewiesen, diesmal 3,7 Millionen Euro. Zwei große Investitionsprojekte stehen an: die Neugestaltung des Ortszentrums sowie der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Huber betont die „vorsichtige Budgetpolitik“, im Wesentlichen habe man alle Projekte ohne Fremdmittel finanziert. Er befürchtet, dass krisengetrieben die Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich reduziert werden, „doch ich bin optimistisch, dass wir das kompensieren können“.
Die Methodik
Basis der Bonitätsbewertung sind die Kennzahlen aus den Bereichen Ertragskraft, Eigenfinanzierungskraft, finanzielle Leistungsfähigkeit und Verschuldung. Die Bonität wird nach dem Schulnotensystem dargestellt. Im Ranking 2021 wurde ein Dreijahresdurchschnitt aus den Gemeindegebarungsdaten der Statistik Austria für die Jahre für die insgesamt 2095 Gemeinden 2017 bis 2019 herangezogen.
Institut
Das KDZ ist ein gemeinwirtschaftlicher Verein, beschäftigt sich seit 1969 mit öffentlicher Verwaltung. Sieht sich als u. a. als Kompetenzzentrum und Wissensplattform für Public Management
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