Österreichs Finanzen: Die Kehrseite der Steuerreform

Österreichs Finanzen: Die Kehrseite der Steuerreform
Defizit und Schulden: Österreichs finanzielle Haushaltslücke hat sich 2016 deutlich vergrößert.

Vor wenigen Tagen durften sich Herr und Frau Österreicher über überraschend gute Konjunkturprognosen für 2017 und 2018 freuen. Und: Die Haushalte können mehr Geld auf die hohe Kante legen und sie geben auch mehr aus. Zu verdanken sei das der Steuerreform 2016, erklärten die Ökonomen.

Aber alles im Leben hat seinen Preis. Am Donnerstag präsentierte die Statistik Austria die Kehrseite. Die Steuerreform ist der Hauptgrund, warum Österreichs Budgetdefizit 2016 von 1,1 auf 1,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) angewachsen ist. Das Budgetloch macht also 5,4 Milliarden Euro aus.

Österreichs Finanzen: Die Kehrseite der Steuerreform
Grafik

Teilweise auf Pump

Wie viel von der steuerlichen Entlastung somit auf Pump finanziert war, wollte Statistik-Generaldirektor Konrad Pesendorfer allerdings nicht aufschlüsseln. Das lasse sich erst nach mehreren Jahren rückwirkend analysieren. Schließlich treten einige Maßnahmen zur Finanzierung der Reform erst mit Verzögerung in Kraft: siehe Teil zwei der Registrierkassenpflicht ab April 2017.

Und die bessere Wirtschaftsentwicklung lässt künftig höhere Einnahmen erwarten. Kurzfristig bedeutete die Entlastung der Steuerzahler allerdings einen kräftigen Aderlass für den Fiskus. So blieben die Einnahmen aus der Lohnsteuer 2016 um ganze 10,5 Prozent hinter dem Vorjahr zurück.

Hohe Sozialausgaben

Und auch Österreichs öffentliche Schulden sind im abgelaufenen Jahr von 290,5 auf 295,7 Mrd. Euro gestiegen. Weil die Wirtschaftsleistung aber stärker gewachsen ist, ist die Schuldenquote (also gemessen am BIP) von 85,5 auf 84,6 Prozent gefallen.

Bankenpaket

Positiv: Für das gesamtstaatliche Defizit spielten die Problembanken wie Heta, Immigon & Co. im Vorjahr erstmals keine große Rolle mehr. Für die Schulden allerdings schon: 6,6 der 84,6 Prozent gehen auf das Konto der Abbaueinheiten.

Alles in allem machten die Staatsausgaben im Vorjahr 179 Milliarden Euro aus.

Sozialausgaben

Ein kräftiger Ausgabentreiber waren die Sozialausgaben, definiert als Geld- und Sachleistungen für private Haushalte. Sie sind um 3,2 Prozent auf 81,5 Milliarden Euro gestiegen.

Flüchtlinge

Besonders kräftig war dieser Anstieg bei den Ländern und Gemeinden (+6,3 Prozent). Ein Teil sei durch die Kosten der Migrations- und Flüchtlingswelle zu erklären, "aber nicht zu 100 Prozent", sagte Pesendorfer.

Alter

Die Alterssicherung samt Pensionen sind der größte Kostenblock – mit fast 46 Milliarden Euro und 3,1 Prozent Plus. Im langfristigen Vergleich ist hier der kräftigste Anstieg zu bemerken: Die totalen Staatsausgaben sind seit 1995 um 81 Prozent gestiegen, die Ausgaben zur Alterssicherung hingegen sogar um 116 Prozent.

Mindestsicherung & Co.

Die Sozialhilfe im engeren Sinn hat mit 17 Prozent besonders stark zugelegt – in absoluten Zahlen (600 Mio. Euro) ist es überschaubarer.

Bundesländer

Je weiter im Westen, umso stabiler die Finanzen: Die höchsten Pro-Kopf-Schulden hatte Kärnten (7445 Euro, wegen Heta), gefolgt von Niederösterreich (4923 Euro) und Wien (3740 Euro). Grundsolide sind Oberösterreich (1288 Euro), Vorarlberg (492 Euro) und Tirol (197 Euro).

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