Österreich droht mit Ausstieg aus geplanter Finanztransaktionssteuer

Österreich droht mit Ausstieg aus geplanter Finanztransaktionssteuer
Finanzminister Blümel stößt sich am Entwurf Deutschlands. Dieser würde kleine Anleger betreffen.

Österreich verlangt einen neuen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer, andernfalls will es die gemeinsamen Bemühungen innerhalb der EU um deren Einführung beenden. Dies teilte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag vor seinem ersten EU-Wirtschafts- und Finanzrat in Brüssel mit.Am Montag habe er seinem deutschen Amtskollegen Olaf Scholz (SPD) gesagt, dass der aktuelle Vorschlag von Deutschland für Österreich "nicht akzeptabel" sei. "Wir brauchen einen neuen Vorschlag, sonst wird Österreich die Gruppe verlassen", so der jüngst angelobte Minister. Eine Frist wurde dabei nicht genannt. "Es geht nicht darum, Ultimaten zu stellen, wir wollen ja eine gemeinsame breit angelegte Finanztransaktionssteuer", sagte Blümel.

Schon einmal gescheitert

Derzeit arbeiten noch zehn EU-Länder verstärkt zusammen, um die Steuer einzuführen. Eine EU-weite Finanztransaktionssteuer war schon 2013 an weit auseinanderliegenden Vorstellungen über Tragweite und Modalitäten gescheitert.

Der aktuelle Vorschlag für die Finanztransaktionssteuer, mit dem Deutschland bereits bei dessen Vorlage im Dezember auf heftige Kritik gestoßen war, sei "das Gegenteil von dem, was ursprünglich intendiert" gewesen sei, erklärte Blümel. "Er bestraft die Realwirtschaft und ist somit indirekt ein Vorteil für die Spekulanten, da können wir nicht zustimmen."

Altersvorsorge

Besonders die kleinen und mittleren Anleger bei Unternehmen an der Börse würden bestraft. Finanzminister Blümel sieht dies in Hinblick auf die Altersvorsorge kritisch. Die "liebste Anlageform" sei in Österreich das Sparbuch, auf das es aber keine Zinsen gebe. Um gegen Altersarmut vorzusorgen, müsse man daher andere Anlageformen attraktiver machen, so der Minister.

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer sei "ein guter" gewesen, der sich aber in den letzten Jahren "ein wenig verloren" habe. Deshalb brauche es eine Diskussion über einen neuen Vorschlag.

Digitalsteuer

Von dem heutigen Wirtschafts- und Finanzrat erwartet Blümel auch, dass die weitere Vorgehensweise in Hinblick auf die Digitalsteuer besprochen wird. Österreich hat bereits eine eigene Digitalsteuer eingeführt und ist damit "einer der Vorreiter", Blümel hofft jedoch auf eine "internationale Lösung, die für alle auch Gutes bringt".

Der jüngst angelobte Finanzminister hatte am Montag gemäß den Gepflogenheiten der Eurogruppe das neue österreichische Regierungsprogramm vorgestellt. Das Ziel, die Schulden- und Abgabenquote bei gleichzeitiger Investition in Nachhaltigkeit zu senken, sei "sehr gut angekommen", berichtete Blümel.

Kritik

Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried hat bei einer Plenarvorschau-Pressekonferenz am Dienstag Blümels Kurs kritisiert. Die SPÖ wird dies am Mittwoch im Nationalrat in der "Aktuellen Europastunde" thematisieren. Besonderes Augenmerk will Leichtfried dabei auf die "Verhinderungspolitik" der Europäischen Volkspartei legen, die auch von der ÖVP mitgetragen werde. Immerhin gingen den EU-Staaten bis zu 1.000 Milliarden an Unternehmenssteuern verloren und das teils sogar legal.

Zudem äußerte Leichtfried sich kritisch darüber, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen "noch strengeren Vollzug" beim Arbeitslosengeld fordert. Die SPÖ beanstandet, dass Arbeitslose im Osten Österreichs künftig dazu verpflichtet werden könnten, Arbeitsplätze im Westen Österreichs anzunehmen. Ein weiterer Kritikpunkt seitens Leichtfrieds war eine mögliche Abschaffung der Notstandshilfe. Der Klubvize sieht die Grünen jetzt gefordert, die entsprechenden ÖVP-Pläne zu verhindern.

Zustimmung

Robert Ottel, Präsident des Aktienforums, begrüßt hingegen Blümels Vorstoß. „Von ursprünglichen Plänen, die den Hochfrequenzhandel besteuern hätten sollen, war der zuletzt von Deutschland und Frankreich ausgearbeitete Plan einer reinen Aktiensteuer meilenweit entfernt. Dies hätte die Realwirtschaft und den Börsestandort Wien außerordentlich belastet. Umso besser, dass hier Österreich nun klar Flagge zeigt."

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