Warum der Ölpreis um mehr als 10 Prozent gefallen ist

Ziemlich gut Veranlagt - der Aktienpodcast mit Rüdiger Landgraf und Robert Kleedorfer
Der Ölpreis liegt bei nur noch rund 70 Dollar, ein Minus um mehr als 10 Prozent zum August. Die Gründe und wie es weitergehen könnte.

Des einen Leid, des anderen Freud: Autofahrer dürfen sich seit einigen Tagen über deutlich tiefere Spritpreise freuen. Teilweise werden Super und Diesel unter 1,50 Euro je Liter angeboten. Für Aktionäre von Ölkonzernen ist diese Entwicklung allerdings weniger gut. Die Titel sind auf Talfahrt, egal ob OMV, BP, Total oder Chevron, sie sind alle im Minus. Denn tiefere Preise bedeuten auch weniger Erträge.

Aktuell liegt der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent bei rund 70 Dollar. Das ist so wenig wie zum Jahreswechsel 2021/22, also mitten in der Pandemie. Doch wieso ist Öl nun um mehr als zehn Prozent günstiger als noch vor wenigen Wochen?

Drei Gründe werden am Markt genannt.

  1. Enttäuschende Konjunkturdaten aus China und auf die damit verbundene Sorge über eine zu schwache Nachfrage. Dies belastet die Ölpreise. Zuletzt hatten unter anderem Daten zur Stimmung der Einkaufsmanager in der Industrie in China auf eine weiterhin eher schwache Entwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hingewiesen. 

    "Das chinesische Wirtschaftswachstum verlangsamt sich und die Durchdringung des Verkehrssystems durch Elektroautos schreitet in sehr hohem Tempo voran", sagte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA). In der ersten Jahreshälfte sei die Nachfrage nach Rohöl im Schnitt um 0,8 Mio. Barrel pro Tag gestiegen und damit deutlich schwächer als ein Jahr zuvor.

    "Die schlechte Stimmung in der chinesischen Industrie lässt nicht auf eine rasche Trendwende hoffen", sagte Rohstoffexpertin Barbara Lambrecht von der Commerzbank. Ihrer Einschätzung nach würden die zuletzt verhaltenen Importe Chinas die Anleger am Ölmarkt skeptisch stimmen. 

  2. Zudem rückten jüngste Spekulationen über die künftige Förderpolitik des Ölverbunds OPEC+ am Markt wieder in den Vordergrund. Demnach wollen die Staaten der OPEC+ an ihrer Ankündigung festhalten, die freiwillige Kürzung der Fördermenge ab Oktober zurückzufahren. Damit würde eine größere Menge an Rohöl auf den Markt kommen, was den Preis belastet.
  3. Das Ende des Sommers und damit ein Ende der Urlaubszeit bedeutet auch immer einen Rückgang der Nachfrage im Reiseverkehr, sei es auf den Straßen oder in der Luft. 

Für das Gesamtjahr erwartet die IEA ein Wachstum der Nachfrage um 0,9 Mio. Barrel auf dann insgesamt fast 103 Millionen Barrel pro Tag. Zum Vergleich: 2023 habe das Wachstum der Nachfrage noch täglich 2,1 Mio. Barrel betragen.

Im kommenden Jahr sei nicht mit einer stärkeren Veränderung zu rechnen und die IEA-Experten gehen von einem Wachstum der Nachfrage von täglich 0,95 Mio. Barrel aus. Nach Einschätzung der IEA ist 2025 mit einem Überschuss an Rohöl auf dem Weltmarkt zu rechnen, selbst wenn der von Saudi-Arabien und Russland angeführte Ölverbund Opec+ ihre derzeit gültige Förderbegrenzung nicht wie bisher geplant aufheben sollte.

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