Ökostrom-Erzeuger: "Können Ausbauziele übererfüllen, wenn es ernst wird"
Energiewende. Die Lage ist dramatisch: Österreichs Inlandsverbrauch ist nach wie vor zu rund zwei Dritteln von Energie-Importen abhängig, vor allem Erdöl (37 Prozent), Erdgas (22 Prozent) und Kohle (8,3 Prozent). Die Wasserkraft macht mit 10 Prozent nur einen vergleichsweise kleinen Anteil aus (bei der reinen Stromproduktion sind es fast zwei Drittel), Windkraft (1,8 Prozent) und PV-Strom (0,4 Prozent) sollen erst stark ausgebaut werden.
Am Mittwoch traf Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler Vertreter der Biogas-Branche, die einen Turbo zünden wollen: „Der Biogasausbau könnte mittelfristig 20 Prozent der Gasimporte ersetzen“, erklärte Norbert Hummel, Obmann des Verbandes Kompost & Biogas.
Aktuell werden in Österreich pro Jahr rund 150 Millionen m³ Grüngas erzeugt, ins Gasnetz werden jedoch nur 13 Millionen m³ eingespeist. Laut Aussagen des Biogasverbandes könnte dieser Anteil innerhalb eines Jahres immerhin verneunfacht werden. Österreich verbraucht jährlich allerdings rund neun Milliarden m³ – und diese Mengen kommen zu über 80 Prozent aus dem kriegsführenden Russland, wo ein internationaler Boykott angedacht wird.
Im Rahmen der Klimaschutzpolitik stehen ohnehin alle Zeichen auf Elektrifizierung fast aller Sektoren, von Elektromobilität bis zu den Wärmepumpen. Vergangenes Jahr wurden mit dem Erneuerbaren-Ausbaugesetz die Weichen für eine fossilfreie Stromproduktion bis 2030 gestellt.
Frust und Ärger
Doch ein Rundruf bei den Erneuerbaren Energieverbänden zeigt gehörig viel Frust über die fehlenden Rahmenbedingungen und den dadurch stockenden Ausbau. „Mit der aktuellen Geschwindigkeit beim Ausbau erreichen wir die Ziele nicht“, warnt Stefan Moidl, Geschäftsführer des Dachverbandes IG Windkraft. Dabei sei der Ausbau schon einmal schneller gewesen, erzählt, er, etwa 2013 und 2014, als 500 bis 600 Megawatt jährlicher Zubau durch Windkraft möglich war. „Wir können diese Geschwindigkeit schon wieder erreichen, und wir können die Ausbauziele für 2030 auch übererfüllen, wenn es ernst wird“, sagt Moidl.
Die fehlende Geschwindigkeit habe nicht nur mit den UVP-Verfahren zu tun, die demnächst reformiert werden. Früher, sagt Moidl, habe ein Bewilligungsbescheid für ein Windrad 20 bis 30 Seiten gehabt, jetzt hätten diese 300 und mehr Seiten. „Ich bin überzeugt, dass man das einfacher machen kann. Es muss ja nicht sein, dass etwa in NÖ das Landschaftsbild drei Mal beurteilt werden muss, bis das Windrad fertig bewilligt ist.“
Ähnlich sieht das Vera Immitzer vom Dachverband Photovoltaik Austria. „Was wir für einen Turbo beim Ausbau brauchen? So schnell wie möglich die fehlenden Verordnungen, die Förderschienen, die Investitionsverordnung und die Marktprämienverordnung. Und es müssen auch noch die Bundesländer liefern und ihre verfügbaren Flächen ausweisen.“
Sowohl Immitzer als auch Moidl weisen außerdem darauf hin, dass auch der für die Stromwende notwendige Ausbau des Stromnetzes mangelhaft sei. Denn bei der Stromwende könnten nicht einfach nur die Gaskraftwerke abgedreht und die Ökostrom-Anlagen aufgedreht werden, auch das Netz müsse an die Erzeuger angepasst werden.
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