Ökonomen-Umfrage: Coronakrise dramatisch, aber zumindest kurz
Wie stark wird die Corona-Pandemie der Weltwirtschaft tatsächlich schaden?
Dazu herrscht unter den Experten momentan wenig Einigkeit. Dass die Folgekosten beträchtlich sein werden, daran bestehen allerdings wenige Zweifel.
Drei Prozentpunkte weniger
Rund 40 Prozent der befragten Analysten und Ökonomen erwarten ein Absacken der Weltwirtschaftsleistung um drei Prozentpunkte oder sogar mehr.
Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Institut FocusEconomics am Freitag veröffentlichte. Dafür wurden 62 Experten am 30. und am 31. März befragt.
Heftig, aber kurz
So dramatisch der globale Einbruch sein mag; es besteht zumindest die Hoffnung, dass die Rezession vergleichsweise kurz ausfällt. Eine große Mehrheit der Befragten (42 Personen) geht davon aus, dass diese nur zwei Quartale (also ein halbes Jahr) dauern wird.
Eher U als V, aber kein L
Dass es dabei rasch und steil wieder aufwärts geht, glauben allerdings immer weniger. Nur noch 28 Prozent glauben, dass das Konjunktur-Muster wie ein "V" aussehen wird. Die Mehrheit (58 Prozent) rechnet nun eher mit einem "U", also einer länger dauernden Tiefstand-Phase.
Noch schlechter wäre freilich ein "L"-Verlauf. Das würde nämlich bedeuten, dass nach dem scharfen Einbruch eine sehr langwierige und schleppende Erholung erfolgt. Damit rechnen aktuell 8 Prozent der Befragten. Drei Prozent glauben an ein doppeltes Auf und Ab ("W").
Hilfspakete: geteilte Meinung
Werden die derzeit rund um den Globus eilig beschlossenen Hilfspakete ausreichen? Können sie langfristigen Schaden abwenden? Bei dieser Frage sind die Experten skeptisch, nur 39 Prozent sagen "ja, das ist genug". 61 Prozent sind hingegen der Meinung, das wäre noch zu wenig.
"Die ersten Pakete reichen aus, um den Schaden zu begrenzen, sie sind aber nur die erste Verteidigungslinie", sagte Peter Virovacz, Ökonom der ING Bank. "Wir können da noch wesentlich mehr erwarten - speziell von fiskalpolitischer Seite -, um den Motor der Wirtschaft wieder in Gang zu bringen."
Kein "moral hazard"
Dieses Mal ist nicht die Finanzindustrie schuld: Das sei ein großer Unterschied zur Krise nach 2008, sagte Luis Suzigan von LCA Consultores: "Weil es dieses Mal mit Covid-19 einen nicht-wirtschaftlichen und nicht-finanziellen Auslöser für die Rezession gab, besteht nicht die Gefahr von 'moral hazard', dass also verantwortungsloses Handeln belohnt wird."
Deshalb seien Behörden in ihrem Agieren weniger eingeschränkt als bei den Rettungsaktionen nach der Lehman-Pleite.
Die Banken? Dieses Mal nicht
Apropos Finanzindustrie: Eine Befürchtung ist, dass die Coronakrise zu einer Häufung von Kreditausfällen führen und die Banken mit in den Abgrund reißen könnte. Finanzkrisen erweisen sich im Regelfall als besonders langwierig und hartnäckig, wie die Erfahrung seit 2008 gezeigt hat.
Unter den Experten sieht eine große Mehrheit diese Gefahr derzeit allerdings nicht: Gut zwei Drittel (exakt 68 Prozent) sehen keine Anzeichen, dass sich die Coronakrise zur breiten Finanzkrise auswachsen könnte.
Der Grund: "In den hochentwickelten Volkswirtschaften sind die Finanzsektoren wesentlich widerstandsfähiger als vor der Finanzkrise", kommentierte Klaus-Jürgen Gern vom Kieler IfW-Institut.
Allerdings könnte in Schwellenländern, die von Finanzzuflüssen oder Rohstoffeinnahmen abhängig sind, der finanzielle Stress zunehmen.
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