Öklo-Gründer: "Es gibt viel Unverständnis für neue Lösungen"

Öklo-Gründer Öklo-Gründer Nikolaos Bogianzidis
Die gelben Plumpsklos stehen mittlerweile in vielen österreichischen Städten und Gemeinden. In Wien, Linz oder Salzburg, aber auch in Ybbs oder Neudörfl. Sie werden von Öklo hergestellt und auch gereinigt und entleert. Rund 2,5 Mio Euro hat das niederösterreichsiche Unternehmen im vergangenen Jahr erwirtschaftet. Jetzt plant man ein Forschungszentrum für Bio-Recycling und will mit einem Franchise-System auch international expandieren.
Zu schaffen macht Gründer Nikolaos Bogianizidis die Bürokratie in Österreich. Für nachhaltige Geschäftsideen biete der Standort aber auch Chancen, sagt er dem KURIER.

Sie haben im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz erzielt. Die Rezession hat Sie nicht gebremst?
Wir haben ein gutes Produkt und eine gute Dienstleistung dahinter. Das Nachhaltige gibt es bei uns kostenlos dazu.
Was macht ein gutes Klo aus?
Ein gutes Klo muss sauber sein. Es muss alles da sein, was man braucht. Dass es gut riecht, ist auch wichtig.
Als Sie vor fast zehn Jahren begonnen haben, gab es Klagen von Konkurrenten.
Unsere direkten Konkurrenten sind die Plastiktoilettenanbieter. Wir haben gewonnen und sind aus der Sache besser rausgekommen, als wir reingegangen sind. Der Werbewert war weit höher als die Kosten, die uns entstanden sind. Niemand mag den Goliath, der auf den grünen David hinhaut.
Mittlerweile sind sie ein etablierter Player und in Europa sogar Marktführer?
Wir sind der größte Betrieb in Europa, der mobile Komposttoiletten anbietet und vertreibt. Unsere größten Abnehmer sind Gemeinden. Österreich ist schon auch ein Land, das gerade für nachhaltige Geschäftsideen Chancen bietet.
Zuletzt haben sich Negativmeldungen gemehrt. Aber wie steht das Land als Wirtschaftsstandort wirklich da? Mit welchen Herausforderungen haben Firmen zu kämpfen und welche Lösungsvorschläge haben sie? In Interviews mit heimischen Unternehmerinnen und Unternehmern beleuchtet der KURIER die Lage.
KURIER-Leser sind gefragt!
Haben Sie Vorschläge, wie der Wirtschaftsstandort Österreich wieder zu alter Stärke zurückfinden kann? Dann mailen Sie an
standortoesterreich@kurier.at. Wir sammeln die besten Ideen und werden sie mit den Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft erörtern.

Viele Firmen klagen über die hohe Inflation, hohe Energie- und Personalkosten. Wie geht es Ihnen damit?
Es hält sich im Rahmen. Dadurch, dass wir wachsen, können wir das abfedern. Für mich ist das Personalthema das Schwierigste. Zu sehen, dass man 40.000 Euro im Jahr für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter bezahlt, es kommen aber weniger als 20.000 bei ihnen an. Das tut einfach weh.
Haben Sie Schwierigkeiten, Personal zu finden?
Im Servicebereich wird es schwieriger. Das merkt man.
Sie wollen verstärkt auf Bio-Recycling setzen. In Niederösterreich bauen Sie ein Forschungszentrum. Was wird dort passieren?
Das wird in Pillichsdorf sein. Wir wollen organische Wertstoffe aus der Region verwerten. Ob das von einer Kartoffelchips- oder Bierproduktion ist, von Grünschnitt oder sonstigen. Derzeit wird der Biomüll zentral verarbeitet, meist wird er nur kompostiert. Wir schauen, was man da vorher noch rausholen kann, etwa Biogas, Dünger oder Zellstoff. Was übrig bleibt, kann man ja immer noch kompostieren.
Es geht auch um Fäkalien?
Fäkalien vom Menschen oder vom Tier sind eine extrem hochwertige Quelle. Das „Ökloland“, so nennen wir das Forschungszentrum, soll ein modularer Recyclingpark werden, wo eine Biogasanlage, eine Pflanzenkläranlage, eine Pyrolyseanlage oder eine Struvitanlage für die Düngerproduktion nebeneinanderstehen. Das soll alles reproduzierbar gemacht und in die ganze Welt verschifft werden können. Wir wollen unser Know-how verkaufen.
Was machen Sie heute schon alles mit Fäkalien?
Wir sind etwa in der Struvitproduktion sehr stark. Das bedeutet, ein Magnesium-Ammonium-Phosphat, das aus Urin gewonnen werden kann, ist vollwertiger, landwirtschaftlich einsetzbarer Dünger. Der Rest ist noch im Laborstadium. In dem Forschungszentrum wollen wir zeigen, dass es nicht nur im Labor, sondern auch im Realbetrieb funktioniert. Wir wollen aber auch die Forschung erweitern.

Sie bemühen sich seit Jahren darum, dass menschliche Exkremente in Österreich im Kompost weiterverwertet werden dürfen. Ist das mittlerweile möglich?
Nein, es ist noch immer nicht möglich. Das ist ein trauriges Kapitel. Es gibt so viel Unbeweglichkeit und Unverständis für neue Lösungen, dass es eigentlich zum Heulen ist. Es ist auch kein Wille da, etwas zu verändern.
In anderen Ländern geht das?
In Deutschland gibt es groß angelegte Tests, wie man damit düngen kann. In Schweden ist es möglich und in der Schweiz auch. Wir werden kein Silicon Valley mehr werden, aber wir können ein Green Valley werden. Bei der Nachhaltigkeit sind wir Vorreiter gewesen. Jetzt sind wir dabei, diesen Vorsprung zu verlieren.
Was würde es in Österreich brauchen, um so ein Green Valley zu schaffen?
Mehr Mut zu neuen Technologien und mehr Mut, Entscheidungen zu treffen. Wir müssen aus dem starren Konstrukt, das wir uns geschaffen haben, ausbrechen und Neues versuchen. Es wird viel auf Sicherheit gespielt.
Die Bürokratie hemmt Sie?
Wir sind in allen Bereichen überreglementiert, bei der Förderung und bei der Forschung. Wir brauchen niederschwelligere Möglichkeiten für Forschungsförderungen. Es ist jedes Mal ein extremer Aufwand vor und nach Projekten. Es gibt sehr wenig Vertrauen. Wir sind in einer Rezession. Da kommt man nur mit Innovationen raus.
Begonnen hat alles mit einem Reggae-Festival auf der Burgruine Falkenstein. Veranstaltet wurde es von Niko Bogianizadis, der damals auch als Musiker aktiv war, und Freunden. Plastikklos wollte man auf keinen Fall verwenden. Also baute man Trockentoiletten aus Holz. Das Prinzip ist einfach: Ein Gitter fängt die festeren Ausscheidungen ab und bedeckt sie mit Holzspänen. Der Urin rinnt nach unten ab, wo er separat gesammelt wird. Mundpropaganda führte dazu, dass sich bald erste Interessenten für die mobilen Aborte meldeten.
Mittlerweile wurden mehr als 400 Trockentoiletten ausgeliefert. Das Unternehmen beschäftigt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 60 Prozent des Geschäftes machen Gemeinden aus. Die restlichen 40 Prozent verteilen sich jeweils zur Hälfte auf Festivals und Events sowie Baustellen.
Zu den Investoren zählt die Stiftung des Bauunternehmers Hans Peter Haselsteiner. Die starke Entwicklung von Öklo zeige, wie Innovationsgeist und konsequenten Unternehmertum eine Branche nachhaltig prägen können, heißt es aus der Stiftung.

Sie haben als Start-up begonnen. Zuletzt hat es Bemühungen gegeben, das Gründen zu vereinfachen.
Für uns kommt das zu spät. Wir sind mittlerweile ein wirtschaftlich stabiles Unternehmen, kein Start-up mehr im klassischen Sinn. Aber ich höre, dass es neue Möglichkeiten gibt, etwa die Online-Anmeldung von Betrieben.
Für die internationale Expansion arbeiten Sie an einem Franchisemodell?
Da sind wir gerade dabei. Es soll die Skalierung und Internationalisierung von Öklo ermöglichen. Für mich persönlich ist die Verwertung von organischen Reststoffen aber viel interessanter. Da steckt sehr viel Potenzial drinnen, um die Welt besser auf die Zukunft vorzubereiten.

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