OECD-Vergleich: Was vom Lohn übrig bleibt

Durchschnittlich 49,1 Prozent des Bruttolohns, den Arbeitgeber zahlen müssen, gehen an den Staat und an die Sozial-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung.
Arbeit in Österreich am dritthöchsten der 34 OECD-Länder belastet.

Wir haben es so satt", ließ Erich Foglar, Präsident des Gewerkschaftsbundes, kürzlich via KURIER seinem Frust freien Lauf. Die Einkommen der Arbeitnehmer würden trotz guter Lohnabschlüsse nicht steigen, weil Steuern und Sozialversicherungsbeiträge immer mehr von den Bruttolöhnen auffräßen. Die jüngste Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum Thema "Besteuerung der Löhne und Gehälter" ist wie Wasser auf die Mühlen des Gewerkschafters.

Demnach ist die durchschnittliche Steuerbelastung der Arbeitnehmer-Einkommen im Durchschnitt der OECD-Mitgliedsstaaten– das sind die 34 westlichen Industrieländer – seit 2011 um 0,8 Prozentpunkte auf 35,9 Prozent gestiegen. In den drei Jahren davor waren sie dagegen rückläufig. Wenig verwunderlich: Die durchschnittliche Steuer- und Abgabenlast, die Österreichs Beschäftigte sowie deren Arbeitgeber zu tragen haben, liegt weit höher. Durchschnittlich 49,1 Prozent des Bruttolohns, den Arbeitgeber zahlen müssen, gehen an den Staat und an die Sozial-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung. Nur Deutschland (49,3 Prozent) und Belgien (55,5 Prozent) haben eine noch höhere Steuerbelastung.

Familien im Vorteil

Die oben genannten durchschnittlichen Belastungen gelten für Alleinstehende. Familien profitieren in den meisten OECD-Ländern von begünstigten Steuersätzen oder Sozialleistungen. Am größten ist der Unterschied in der Steuer- und Abgabenhöhe zwischen Alleinstehenden und einem Alleinverdiener mit zwei Kindern in Tschechien und Luxemburg. In beiden Ländern liegt die Belastung der Alleinstehenden mehr als 20 Prozentpunkte höher als jene der Familien. In Österreich beträgt der Unterschied gut zehn Prozentpunkte. Familien in Tschechien haben dank staatlicher Zuschüsse am Ende sogar ein höheres Nettoeinkommen als sie brutto am Lohnzettel stehen haben.

In Chile und Mexiko werden die Einkommen von Personen mit und ohne Kindern gleich gering belastet. In Griechenland und in der Türkei gibt es nur minimale Steuervorteile für Familien. In Neuseeland, der Slowakei und in Portugal wurden die Steuern für Alleinverdiener mit Kindern im Vorjahr erhöht, in den Niederlanden und in Frankreich wurden sie gesenkt.

Einkommensschwache

Seit Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise haben die Staaten laut den Erkenntnissen der OECD versucht, Haushalte

mit besonders niedrigen Einkommen steuerlich zu bevorteilen.

Für Besserverdiener – und dabei vor allem jene ohne Kinder – hat sich hingegen bei der Steuerprogression nichts verändert. Das heißt: Springen sie mit Lohnerhöhungen in die nächste Steuerstufe, kann es sein, dass sie netto nicht mehr ins Börserl kriegen als vor der Lohnerhöhung. Die Unterschiede sind von Land zu Land allerdings groß. In Irland, Schweden und Slowenien etwa hat sich die Steuerprogression für Alleinstehende erhöht. In Deutschland, Ungarn und Israel dagegen sank diese Progression.

Das Beratungsunternehmen Deloitte hat mit Experten der Harvard Business School einen Index zum Vergleich des sozialen Fortschritts erstellt. Österreich wurde beim Ländervergleich für den „Social Progress Index 2014“ vor Deutschland und Großbritannien auf Platz elf gereiht. Gewonnen hat Neuseeland vor der Schweiz und Island. Der „Social Progress Index“ soll zeigen, dass ökonomischer Erfolg nicht notwendigerweise auch ein Maßstab für sozialen Fortschritt ist. Beim traditionellen Indikator für die ökonomische Leistungsfähigkeit eines Landes, dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), liegt Österreich sogar auf Platz acht.

Andere Kriterien

Für den „Social Progress Index “ wurden drei Kriterien herangezogen, die beim BIP keine Rolle spielen. Es geht dabei um die Kategorien „menschliche Grundbedürfnisse“, „Grundlagen des Wohlergehens“ sowie „Chancen und Möglichkeiten“. Vor allem bei den „Chancen und Möglichkeiten“ hat Österreich mit Platz 20 schlecht abgeschnitten. Der Grund ist mangelnde Toleranz gegenüber Minderheiten sowie die schlechteren Weiterbildungschancen der Frauen. Sie verbringen im Schnitt weniger Jahre in Bildungseinrichtungen als Männer. Auch Norwegen liegt beim BIP mit Platz eins deutlich besser als beim „Social Progress Index“ mit Platz fünf. Spitzenreiter Neuseeland hingegen hat ein BIP, das nur halb so hoch ist wie jenes von Norwegen.

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