ÖBB-Beamte wollen Kurzarbeit, aber zum selben Lohn
Den ÖBB brechen große Teile des Geschäfts weg, die Bahn verliert, wie der KURIER berichtete, pro Tag fast zehn Millionen Euro Umsatz. Das Management will daher in den kommenden Tagen beim AMS für 10.000 bis 12.000 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen.
Alles auf Schiene, glaubte der Vorstand. Die Grundsatzvereinbarung über Kurzarbeit war bereits vom Betriebsrat unterschrieben. Jetzt allerdings haben die Belegschaftsvertreter eine Kehrtwendung gemacht.
Sie fordern, die beamteten Mitarbeiter sollen von der Kurzarbeit ausgenommen werden. Mit dem Argument, dass ein Beamter niemals schlechter gestellt werden könne. Und daher weiterhin hundert Prozent seines Gehaltes bekommen müsse.
Bei der staatlich geförderten Kurzarbeit werden die Löhne und Gehälter jedoch bis auf 80 Prozent der Letztbezüge hinunter gefahren. Die Arbeitszeit kann bis auf zehn Prozent reduziert werden.
60 Prozent der insgesamt 35.000 ÖBB-Mitarbeiter in Österreich haben nach wie vor eine Art Beamtenstatus, sie haben das Privileg, unkündbar zu sein. Der Rest der Belegschaft unterliegt wie die Beschäftigten in der Privatwirtschaft dem ASVG.
Die rund 21.000 Bahn-Beamten können zwar nicht gekündigt werden, allerdings seien sie keine pragmatisierten Bundesbeamten, ergab ein von den ÖBB beauftragtes Rechtsgutachten. Aus diesem Gutachten geht auch hervor, dass alle Mitarbeiter gleichzustellen seien.
„Wir arbeiten daran, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich behandelt werden. Wir sind eine ÖBB. Es können nicht einzelne Berufsgruppen unbegründet bessergestellt werden“, erklärt dazu ein ÖBB-Sprecher gegenüber dem KURIER. Konkreter will er derzeit nicht werden.
„Unverkürzbarkeit“
„Die Beamten können nicht auf Kurzarbeit gesetzt werden, denn sie sind unkündbar“, betont Roman Hebenstreit, Vorsitzender des ÖBB-Konzernbetriebsrates. Kurzarbeit sei dafür da, um „die Menschen vor Kündigungen zu schützen. Beamte können aber nicht gekündigt werden“. Der Chef der Transport- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida verweist außerdem auf die „Unverkürzbarkeit des Bezuges“ bei Beamten. Vida ist in den ÖBB bei den Beamten besonders stark verankert.
Das Argument, dass in einer Krise wie dieser die ÖBB-Belegschaft nicht in zwei Gruppen geteilt werden solle, wovon eine privilegiert sei, lässt Hebenstreit nicht gelten. Die große Herausforderung für die ÖBB sei neben der Verhinderung von Kündigungen die Aufrechterhaltung des Betriebes. Dafür brauche man die Beamten, die ja auch hundert Prozent ihrer Arbeitszeit bringen würden.
Staatshilfe
Im verärgerten Management spricht man von einer „Sonderregelung“. Auch bei den Beamten würde derzeit Arbeit wegfallen. Durch diese vom Betriebsrat geforderte Sonderregelung müsste den Beamten aber trotz Kurzarbeit 100 Prozent des Lohnes ausgeglichen werden.
Die Causa, die sich bahnintern zu einem ziemlichen Wirbel ausgewachsen hat, könnte den ÖBB noch weiteres Ungemach bescheren. Es ist gut möglich, dass die Bahn zur Sicherung ihrer Liquidität in naher Zukunft Finanzhilfe benötigt. Ein Staatsunternehmen würde Gelder aus den Corona-Notfallfonds direkt an unkündbare Beamte weiter leiten. Nicht gerade förderlich für das Image des Unternehmens.
Wie geht es jetzt aber weiter?
Gibt der Betriebsrat nicht nach, würde der Vorstand sehr wahrscheinlich nicht mehr an der Betriebsvereinbarung für die Kurzarbeit festhalten. Dort ist nämlich der de-facto-Ausschluss von Kündigungen festgeschrieben. Gelingt es aber nicht, die Kurzarbeit flächendeckend einzusetzen, dürfe man für die Zukunft Kündigungen auch nicht mehr ausschließen, hört man aus dem Management.
Kommentare